Orgel: Schkopau / Döllnitz – Dorfkirche St. Vitus
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Gebäude oder Kirche
Dorfkirche St. VitusKonfession
EvangelischOrt
Schkopau / DöllnitzPostleitzahl
06258Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Außenansicht
Innenraum
Kanzelaltar
Patronatsloge
Taufgestell
Emporenbilder
Deckengemälde
Alabastertafeln aus der alten Kirche unter der Empore
Orgelprospekt
Spieltisch
Orgelinneres
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
Vermutlich kurz nach 1715 Errichtung/Ankauf eines ersten kleinen Orgelwerkes.
1755 Spendung eines Orgelwerkes durch die Reichsgräfin Helene Christina von Truchseß zu Waldburg.
1771 ist eine Orgel durch Zahlungen für Orgelspiel an den Schulmeister überliefert.
Ab 1780 regelmäßige Orgelstimmungen in der Kirche.
1813 Verkauf der alten Orgel an Johann Gottfried Kurtze/Halle für 20 Taler.
1813 Neuanschaffung einer Orgel durch Johann Gottfried Kurtze „zum hundertsten Jubelfeste der Kirche“ – Kurtze erhielt für dieses Werk 200 Taler, die Disposition ist nicht mehr bekannt, ebenso wenig die Größe der Orgel – mehr als 11 Stimmen wird sie kaum gehabt haben.
1890 Neubau einer pneumatischen vorderspieligen Kastenladenorgel II/14 durch Wilhelm Rühlmann/Zörbig als Opus 103 mit neuem Gehäuse, die Kosten von 4000 Reichstalern trug die Gemeinde.
1917 Abgabe der 25 Zinn-Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken.
1920er Jahre Einbau von 25 aluminierten Zinkpfeifen in den Prospekt durch die Erbauerwerkstatt.
1962 Einbau eines elektrischen Winderzeugers, Überholung der Orgel und Änderung der Disposition – Ersatz von Gamba 8′ durch Octave 2′ und Bassflöte 8′ durch Choralbass 4′ durch Fritz Jandeck/Halle.
2022 die Orgel ist nicht spielbar, teilweise hohe Verschmutzung des Inneren ist festzustellen.
In Döllnitz schlummert im Dornröschenschlaf ein veritables Orgelwerk, seit Jahren oder gar Jahrzehnten ungehört und ungespielt, ebenso marode wie Teile des Bauwerkes um die Orgel herum.
Das Orgelwerk wurde als 103. Orgel der Firma Rühlmann aus Zörbig erbaut und besitzt stattliche 14 Register auf zwei Manualen und Pedal. Der Prospekt ähnelt dem der Orgel in Wallwitz, im wahrsten Sinne des Wortes ist die Schaufront hier quasi dasselbe in grün. Auf einem schlichten Untergehäuse erheben sich drei Flachfelder, die durch farblich abgehobene Pilaster mit dezent vergoldeten Kapitellen gegliedert werden. Die Schäfte der kannelurenlosen Säulen sind dabei in gedecktem Rot gehalten. Alle drei Felder sind als Rundbogenfelder gestaltet, das Mittelfeld ist deutlich überhöht – während die Seitenfelder einen geraden oberen Abschluss besitzen, ist das Mittelfeld nach oben mit einem Halbbogen abgeschlossen. Ein beige gefärbter Zinnenkranz mit Dreipässen schmückt den oberen Abschluss der Orgel, der Rundbogen ist mit aus Holz gesägten Krabben besetzt. In der Mitte des großen Flachfeldes ist ein Akrotherion, durchbrochen von zwei Dreipässen, aufgesetzt. Dieses erinnert an eine Krone, nimmt damit Bezug auf die Bügelkrone des Altarschalldeckels und unterstreicht in dezenter, aber deutlicher Weise den Anspruch der „Königin der Instrumente“ auf ihre Regentschaft – ein klein wenig ist dieser „Herrschaftsanspruch“ gemindert – die 25 Prospektpfeifen glänzen nicht mehr hell und ein wenig geheimnisvoll im Zinnornat, sondern zeigen sich heute matt und ergraut als aluminierte Zinkpfeifen.
Der Spieltisch ist frontal an das Gehäuse angebaut, er besitzt den typisch Rühlmann’schen Klappdeckel. Die Registerschalter befinden sich beiderseits des Firmenschildes, zwei der Porzellanschilder (eines im Pedal, eines im Hauptwerk) wurden in späterer Zeit weiß übermalt bzw. neu beschriftet – die Beschriftung ist mittlerweile verloren, die weiße Übermalung bzw. Beklebung ist aber nach wie vor vorhanden. Drei Kollektivdrücker samt Auslöser befinden sich in der Vorsatzleiste unter dem ersten Manual, etwas unbeholfen wirken die angeklebten Zettel für die Werkzuordnung am Spieltisch. Wie bei Rühlmann in dieser Zeit kurz vor 1900 üblich, wird eine Crescendo-Walze ausgespart und stattdessen ein „gedachtes Crescendo“ durch die Anordung der Registerschalter erzeugt – schaltet man diese von links nach rechts in den drei Werken der Reihe nach ein, entsteht automatisch ein Crescendo – diese intuitive Anlage zeugt vom praktischen Denken des Erbauers.
Seitlich im Gehäuse hinten, unter dem Niveau der Empore, befinden sich die Kalkantentritte, der Balg dazu ist als Doppelfaltenmagazinbalg ausgeführt und liegt unter der Windlade von zweitem Manual und Pedal in der Orgel. Alle Windladen sind als pneumatische Kegelladen mit chromatischer, dem Verlauf der Klaviatur folgender Aufstellung ausgeführt. Ganz hinten befindet sich das Pedal, davor das zweite Manual, vor dem Stimmgang das Hauptwerk auf Höhe der Prospektöffnungen. Pedal und zweites Manual liegen gegenüber dem Hauptwerk deutlich erhöht, das Oberwerk ist also quasi ein „Hinter-Oberwerk“.
Da die Orgel nicht spielbar ist, kann zum tatsächlichen Klang kein Wort, wohl aber zur Disposition einige Dinge gesagt werden. Zwei Stimmen wurden ausgetauscht, die Gambe 8′ gegen eine Octave 2′ und die Baßflöte 8′ gegen einen Choralbass 4′ aus Zink in Principalmensur, welcher aufgrund der schmalen Pfeifen auf der Windlade etwas befremdlich wirkt.
Das Hauptwerk ist klar das führende Manual in der Orgel – grundiert von einem Bordun 16′ für Kraft und Würde, besitzt es außerdem die starken Principalstimmen zu 8 und 4, nach dem Umbau auch zu 2 Fuß, daneben eine goldene Mixtur. Eine Hohlflöte 8′ und ein Gedackt 4′ füllen die Acht- und Vierfußlage auf und verbreitern den Klang, lassen sich aber auch als Begleitstimmen nutzen. Das zweite Manual ist deutlich zurückgenommen und wird aus Charakter- und Farbstimmen gebildet, erhält aber durch einen Geigenprincipal 8′ etwas Gewicht und solistische Möglichkeiten. Ein Gedackt 8′ sowie ein Streicher als Salicional 8′ machen Begleitungen vielfarbig und facettenreich möglich, eine Flöte 4′ hellt den Klang etwas auf. Das Pedal ist auf die Stützfunktion kraftvoller Art reduziert, ein Subbaß 16′ trägt den Klang, der Principalbaß 8′ lässt den Pedalklang zeichnungs- und durchsetzungsfähig werden. Der heutige Choralbass 4′ hellt den Klang etwas auf und eröffnet Solomöglichkeiten. Durch die Umdisponierung (auch wenn sie hier recht behutsam war!) wurde das Rühlmann’sche Gefüge zerrissen – sowohl die schneidige Gambe als Vorstufe zum Principal und als färbendes, obertonreiches Register, als auch die stille Baßflöte für die Begleitung leiser Registrierungen ohne Pedalkoppel sind für die Orgel von unbedingter Notwendigkeit. Leider kann zum tatsächlichen Klang der Orgel kein Wort verloren werden, sodass darauf hingewiesen sei, dass diese Aussage zur Umdisponierung eine reine Mutmaßung aufgrund anderer Beispiele umdisponierter Rühlmann-Orgeln ist! Die Orgel hat den Raum, wie viele ihrer anderen Schwestern auch, sicher gut und ausreichend gefüllt.
Ein paar Worte zum Zustand des Werkes: Bemerkenswerterweise ist das Werk vollständig erhalten, Pfeifen fehlen nirgendwo, beschädigte, verbeulte oder herumliegende Pfeifen sind nirgendwo zu sehen, das Pfeifenwerk sieht nahezu neuwertig aus – erstaunlich nach all den Jahren! Auch die Prospektpfeifen sind nicht beschädigt, alle Haften sind vorhanden, ausgerissene Stimmvorrichtungen sind nicht zu sehen. Die Holzpfeifen sind frei von Wurm- und Anobienbefall, verrutschte Spunde oder abgebrochene Spundgriffe waren bei der Begehung der Orgel nicht festzustellen. Die Decke über der Orgel wurde glücklicherweise, anders als in Wallwitz, gut instand gehalten. Die technischen Teile des Spieltisches zeigen keine Beschädigungen, auch die Bleirohre der pneumatischen Anlage sind weder zerdrückt, noch aus ihren Führungen herausgerissen. Gleichwohl ist im Inneren durch die Jahre hinweg entstandene, teils starke Verschmutzung durch Staub und Putzteilchen von der Decke festzustellen, dagegen aber kein Holzwurmbefall. Die reichlich vorhandenen Spinnenweben zeugen davon, dass die Orgel zwar kein klingendes Zeugnis mehr, wohl aber ein wohnliches Zuhause für so manche Spezies ist. Auch die Kanalanlage und der Balg sind wurmfrei, bedürfen aber einer dringenden Überholung, beim Betätigen des Motors sind diverse Windaustritte festzustellen – dass der Motor ebenfalls überholt werden muss, sollte keine Frage sein.
Fest steht – die Orgel ist rein vom Grundgerüst her verhältnismäßig einfach wieder spielbar zu machen – alle Pfeifen sind vorhanden und intakt, die technischen Bestandteile sehen zumindest der Sichtüberprüfung zufolge recht gut aus, die Kirche ist trocken und von der Decke fällt kein Putz. Würde die Kirche häufiger und intensiver genutzt, dann wäre sicher die Restaurierung der Orgel eine zwangsläufige Folge dieses Vorhabens. So bleibt der von außen ergrauten, aber dennoch prachtvollen Königin nur eines – erhaben zu schweigen, zu schlafen und zu warten, bis ihre gut erhaltene Grundsubstanz sanft wieder erweckt wird. Zu wünschen wäre es dem recht großen und edlen Werke allemal!
Disposition
Disposition Stand 2022
Manual I – Hauptwerk C – f“‘Bordun 16′ (ab C, durchg. Holz gedeckt) Principal 8′ (C-c‘ Prospekt, Zink, teilw. mit Expressionen, ab c#‘ Zinn, innen) Hohlflöte 8′ (C-B Holz, gedeckt, ab H Holz, offen) Octave 4′ (durchg. Metall, offen) Gedact 4′ (C-f“ Holz, gedeckt, ab f#“ Metall, gedeckt) Octave 2’* Mixtur 3fach. (2’+1 1/3’+1′, rep.c°, c‘, c“, c“‘, durchg. Metall offen) |
Manual II – Oberwerk C – f“‘Geigen Principal 8′ Liebl. Gedact 8′ Salicional 8′ Flauto amabile 4′ |
Pedal C – d‘Subbaß 16′ (durchg. Holz, gedeckt) Principal baß 8′ (Holz offen, mit Stimmschiebern) Oktave 4’* (durchg. Zink, offen, ohne Bärte) |
*diese Registerschilder sind überklebt worden, die Beschriftung ist verloren gegangen. Klebstoffrückstände bedecken noch heute das Schild.
Disposition 1890
Manual I – Hauptwerk C – f“‘Bordun 16′ Principal 8′ Hohlflöte 8′ Gambe 8′ Octave 4′ Gedact 4′ Mixtur 3fach. |
Manual II – Oberwerk C – f“‘Geigen Principal 8′ Liebl. Gedact 8′ Salicional 8′ Flauto amabile 4′ |
Pedal C – d‘Subbaß 16′ Principal baß 8′ Baßflöte 8′ |
Spielhilfen
Als Registerschalter mittig links: Manual Coppel [II/I], Pedal Coppel [I/P]
Als Registerschalter ganz rechts: Calcant [heute funktionslos]
Als Collectivdrücker in der Vorsatzleiste unter Manual I: 0., I., II., III. [Auslöser, piano, mezzoforte, tutti]
Gebäude oder Kirchengeschichte
1184 Erwähnung einer Kapelle in Döllnitz als Filialkirche von Radewell.
Um 1620 entstehen für die ältere Kirche zwei Alabasterreliefs in Rundbogenform, die in die neue Kirche übernommen werden.
1654 ist die Döllnitzer Kirche eine Filiale von Burgliebenau.
12. September 1712 Beginn des Neubaus der heutigen Kirche, Grundsteinlegung durch Pastor Magister Johann Philipp Wankel.
1713 Einweihung der Kirche – dieses Datum wird 1813 als Anlass zum Orgelneubau genommen.
28. Juli 1715 Vollendung des Baus mit Aufsetzen der Turmhaube.
Um 1720 Vollendung des großen Kanzelaltares.
1732 Einbau einer ersten Turmuhr.
Um 1740 Fertigstellung der hölzernen Patronatsloge auf der Nordseite der Kirche.
1745 Fertigung des Lesepultes.
1781 im Oktober/November wurden Turm und Turmknopf für 66 Taler sowie das Kirchenschiffdach für 36 Taler repariert und neu gedeckt.
1835 Reparatur von Dach und Turmknopf.
1870 Guss einer Glocke mit 96cm Durchmesser.
1881 Guss der heute kleinsten Glocke (Nominal h‘) durch die Gießerei Gebrüder Jauck aus Leipzig.
1889 Sprung der mittleren Glocke, sie wurde umgegossen.
1909 Sanierung und Restaurierung des Bauwerkes. Dabei wurden Innen- und Außenputz erneuert und Malerarbeiten durchgeführt.
1916 Abgabe zweier Bronzeglocken zu Rüstungszwecken.
1926 Neuguss zweier Glocken durch Ulrich/Laucha
1935 letzte große Kirchenrenovierung, neue Farbfassung des Inneren durch Kirchenmaler Lieber aus Halle.
1942 Abgabe zweier Glocken zu Rüstungszwecken.
1956 Guss zweier neuer Glocken aus Eisenhartguss durch Schilling&Lattermann (Nominale e‘,a‘, geplant waren: e‘, g‘).
1963 Umbau der Patronatsloge.
1999/2000 Sanierungsarbeiten am Turm, auch die Turmuhr wird von Grund auf überholt, Kosten: 130.000 DM.
2013 Arbeiten an der Südwand des Kirchenschiffes, welche sich um 25cm verschoben hatte – dabei wurden im Kirchenschiff Anker eingezogen, um die Wandneigung zu stabilisieren.
2007 Gründung eines Fördervereins zur Erhaltung der Kirche.
Nach 2010 Erneuerung von Teilen der Tonnendecke mit hellem Holz.
2019 die große Glocke wird aufgrund der Turmstatik nicht mehr geläutet, das Innere der Kirche befindet sich in einem schlechten Zustand.
2022 das Obergeschoss der Patronatsloge ist mittlerweile als schlicht, aber gut ausgestattete, beheizbare Winterkirche nutzbar. Hier befindet sich auch ein Harmonium, welches früher auf der Nordempore vorne stand.
Die Dorfkirche in Döllnitz ist eines jener unbekannten Kirchenbauwerke, die ein Schattendasein fristen. Mehrfach vom Verfall bedroht und stets wieder hergerichtet, teilt die Kirche heute das traurige Schicksal vieler Gotteshäuser im Saalekreis – seltene Nutzung und dadurch mangelnde Pflege (bedingt durch die Frage: Wofür?) lassen das Schicksal der Kirche zu Döllnitz mit ihrer kleinen, aber treuen Gemeinde nach wie vor ungewiss sein.
Die Kirche selbst ist eine typisch einschiffige barocke Saalkirche mit angefügtem dreiseitigem Chorabschluss im Osten und massivem Turm im Westen. Mit einer Gesamtlänge von knapp 24 Metern samt Chor und Turm (Kirchenschiff: 17,3m, Turm: 6m) und einer Breite von fast neun Metern ist das Gotteshaus von durchaus veritablen und repräsentativen Ausmaßen. Der Westturm steht auf rechteckigem Grundriss, bis auf die Höhe des Dachfirstes vom Kirchenschiff ist er quaderförmig gebaut. Darüber erhebt sich eine gedrungene, achteckige Glockenstube mit vier rundbogigen Schallöffnungen. Auf der Ostseite der Glockenstube ist der Schriftzug „Anno 1713 1909“ als Erinnerung an die Kirchweihe und die Kirchenrenovierung ins Mauerwerk eingefügt. Über der Glockenstube mündet der Turm in eine geschweifte welsche Haube mit offener Laterne und Turmknopf. In der Laterne hängen zudem zwei Uhrschlagglocken. Die Turmhaube ist schiefergedeckt. Die einzelnen Turmgeschosse sind von außen durch nach oben hin immer flacher werdende Rundbogenfenster mit ziegelgemauerten Laibungen sichtbar. Das Kirchenschiff ist verputzt, auf der Südseite durchbrechen vier Rundbogenfenster das Mauerwerk, auf der Nordseite ist es eins. Auch der Chor besitzt Rundbogenfenster, deren Bögen mit gelbem Putz vom grauen Außenputz der Kirche abgehoben sind. Auf der Nordseite ist eine rechteckige Patronatsloge mit Rechteckfenstern im Obergeschoss angefügt, im Untergeschoss befinden sich zwei kleine Rundfenster sowie eine Tür auf der Nordseite. Bis auf die Südseite des Turmes ist das ganze Mauerwerk verputzt, das rechteckige Eingangsportal im Norden besitzt einen geschwungenen Giebel.
Das Innere ist hell und weit, durch die großen Fenster lichtdurchflutet und freundlich. Der Turm öffnet sich mit einem mächtigen Rundbogen zum Kirchenschiff, in dem dadurch entstehenden Raum steht die Orgel. Die Decke über der Orgel ist als hölzerne, schmucklose Flachdecke ausgeführt. Das Kirchenschiff selbst besitzt eine bemalte, heute zum Großteil verputzte Holztonne. Reste alter Bemalungen sind an den Seiten über dem Mauerwerk noch sichtbar, teilweise mussten alte Teile aber durch neues, unbemaltes Holz ausgewechselt werden. Die verputzte Tonne wird durch ein großes Gemälde mit floral-gewundenem Rahmen geschmückt. Das Deckengemälde zeigt in hell-beige-gelblicher Farbe die Himmelfahrt Christi, wobei die einzelnen Figuren, also die Jünger zu Füßen Christi, Christus selbst und die Putten-/Engelsköpfe zu seinem Haupte durch etwas dunklere Gelb- und Brauntöne verschleiert werden. Dabei ist die Malerei aber sehr plastisch, die Gesichtszüge sind weich, etwas grob-einfach, aber sehr lebendig und fast liebevoll. Markant ist der große Kanzelaltar mit seinen seitlichen Verschlägen samt verglasten Türen, die in dunklem Grün sich vor dem herrlichen Erscheinungsbild des Altars zu verstecken suchen. Der große Aufsatz wurde auf einen alten Blockaltar aufgebaut, der vermutlich aus dem Vorgängerbau stammt. In der Predella, umschlossen von einem goldenen Rahmen, ist ein Gemälde des letzten Abendmahles zu sehen. Der vierseitige Kanzelkorb besitzt einen weich ausschwingenden Fuß mit floraler Malerei, die allerdings heute recht verblichen ist. Die einzelnen Felder des Korbes sind mit Ölgemälden der vier Evangelisten, das mittlere Feld mit Christus als Weltenherrscher mit der Weltkugel in der Hand. Die einzelnen Felder werden durch floral umspielte, vergoldete Stäbe getrennt. Die Darstellungen der Figuren sind einfach, rustikal, dadurch aber freundlich wirkend und von guter Qualität. Zwei eckige Pilaster mit vergoldeten, korinthischen Kapitellen flankieren den Kanzelkorb, sie sind auf rotem Grund mit goldenem Schnitzwerk verziert, welches mit den Sakramenten des Abendmahles durchsetzt ist – Weinreben finden sich auf der rechten, Kornähren auf der linken Seite – auch das florale Flachschnitzwerk ist vergoldet, was auf dem dunkelroten Untergrund sehr ansprechend wirkt. Der flache Schalldeckel besitzt eine Krone aus vergoldeten Akanthusvoluten- sie leiten den Blick des Betrachters auf die Bekrönung über dem Gesprenge hin: Eine Figur des auferstandenen Christus, umgeben von zwei dunklen Wolkensäulen, die Siegesfahne in der Hand. Seitlich am Altar angefügt sind zwei fein geschnitzte, teils vergoldete Akanthusschnitzwangen, die über den dunklen Seitenverschlägen einen angenehmen Kontrast bieten. Der Altar ist nicht überladen, aber dennoch wirkungsvoll geschmückt.
Das Taufgestell, gleichzeitig als Lesepult dienend, ist edel geschnitzt und stammt aus dem Jahr 1745. Auf rechteckigem Grundriss erhebt sich ein nach oben verschlankender, geschwungener Schaft. Knapp über der Erde sind einander gegenüber zwei Zierkartuschen eingelassen, die die Jahreszahl der Weihe und das Wort „Gott allein die Ehre“ tragen. Über den vier Ecken sind je ein vergoldeter, geschnitzter Vorhang zu sehen, welcher mit einem Spruch versehen ist: „Wer diesen [sic!] Tempel gutes thut“, „So ehrt man Gott von keinem Guth“, „Last die Kindlein zu mir komen [sic] Marci 10.“ und „Das Blut Jesu Chri,, [sic] ist des Sohnes Gottes macht uns rein von allen Sünden“ ist dort zu lesen. Der geschwungene Schaft zeigt einander gegenüberliegend noch zwei farbige Zierkartuschen, mit gold-weißem Schnitzwerk umspielt. Hinten sind die Initialen „JK.BK“ in einem Herz, welches von zwei aus Wolken reichenden Händen gehalten wird, zu lesen. Darüber befindet sich das Auge Gottes im Strahlenkranz. Die vordere Kartusche zeigt die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer, überschrieben mit dem Wort „Diß [sic] ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Matth.3.“. Der Aufsatz bzw. das Lesepult wird von einem geschnitzten Pelikan getragen, welcher aus seiner Brust zwei Junge mit seinem eigenen Blut ernährt. Das Lesepult in seiner hellen, weiß-goldenen Farbgebung mit den akzentuierten Gemälden ist eine überaus feine und edle Arbeit.
Auf der Nordseite ist die vorschwingende Fassade der Patronatsloge zu sehen. Sie zeigt von ionischen Pilastern mit Bandelwerk gegliederte, verglaste Segmentbogenfester, deren vier an der Zahl. Die Kapitelle der Pilaster, das Bandelwerk und die gewundenen, geschnitzten Zierfelder unter den Fenstern sind vergoldet und stehen auf rotem Grund. Die Füße der Pilaster unter der zurückschwingenden Balustrade sind mit wappenartiger Schnitzzier versehen. Die Farbgebung der Loge ist beige-hell, mit einem grünen Zierband, Vergoldungen und dunkelroter Farbe durchsetzt. Hinter der Loge befindet sich heute die Winterkirche.
Die Empore umfasst hufeisenförmig den Raum und ist an sich sehr schlicht gehalten. Bemerkenswert sind jedoch die paarig angeordneten, grün umrandeten Ölgemälde der Emporenfelder, dreißig (!!!) an der Zahl von durchaus bemerkenswerter Qualität. Auch die geraden Stirnseiten der Empore sind mit solchen Szenen verziert. Die Bilder zeigen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, die Bildreihe erzählt in groben Abschnitten von Süd nach Nord gelesen die Geschichte von Altem und Neuem Testament, begonnen auf der Stirnseite der südlichen Empore mit der Erschaffung der Welt, Adam und Eva im Paradies, die Arche Noah, Jericho, Jakob und Isaak, Jakob und die Himmelsleiter – unter der Orgelempore dann Christi Geburt, über den Leidensweg Jesu bis hin zur Stirnseite der nördlichen Empore, welche Christi Himmelfahrt und daneben Christus als Weltenrichter im Zentrum allen Seins, also eine Szene aus der Offenbarung des Johannes. Dieses Kunstwerk ist sehr beachtlich und erhaltenswert. Die Bilder sind lebendig und plastisch und sehr eindrucksvoll. Unter der Empore im Westen sind zwei rundbogige, qualitätvolle Reliefs aus der alten Kirche angebracht, die sehr plastisch die Grablegung (links) und die Verherrlichung Christi (rechts) zeigen. Die Orgel selbst bildet mit ihrem dunklen Gehäuse zur hellen Empore einen angenehmen Kontrast und fügt sich in das von Altar und Patronatsloge begonnene Farbenspiel gut ein, ohne aufdringlich oder behäbig-klotzig zu wirken.
Leider plagt den Raum der Zahn der Zeit – der Putz löst sich von den Wänden, die Südempore ist nicht mehr begehbar. Die wertvollen Ölgemälde der Empore weisen zum Teil Wellen auf. Starke Stahlanker halten die Außenmauern zusammen, der Putz der Holztonne lässt an den Seiten Schilfhalme sichtbar werden, große Teile der Decke mussten schon ausgebessert werden – die originale Malerei darunter ist unwiederbringlich verloren. Teilweise blättert die Farbe ab, das Innere ist stark verstaubt und recht feucht. Der Turm leidet seit Jahren unter statischen Problemen, die große Glocke ist deswegen außer Betrieb. Die betagte Glockensteuerung aus DDR-Zeiten benötigt eine Überholung. Die Kirche wird leider zu selten genutzt, als dass sich hier auf die Schnelle etwas ändern könnte, der Förderverein hat leider bisher auch nicht viel ausrichten können. Immerhin ist die Patronatsloge als Winterkirche hergerichtet worden und in sehr gutem Zustand. Der Raum benötigt in allen Teilen eine Generalüberholung und Sanierung. So bleibt dem wertvollen und durchaus hochwertigen Inventar nur ein Abglanz seiner selbst, ein verblasstes Abbild alter Herrlichkeit, als sich die Barockkirche Döllnitz vor der Barockkirche Burgliebenau nicht verstecken müsste. Die Zukunft des edlen und erhabenen Raumes liegt leider im Nebel des Kommenden, hoffen wir für die Döllnitzer Viti-Kirche das Beste.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter – Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964.
Kirchengeschichte: Johannes Richter – Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen einer Schautafel an der Kirche, Faltblatt „Förderverein St. Vitii zu Döllnitz – Wir brauchen Sie“ sowie: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964. und: Georg Dehio – Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Sachsen Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle – Deutscher Kunstverlag München Berlin (Neuauflage 1999) ISBN 3-422-03065-4, S.157f.