Orgel: Wettin-Löbejün / Nauendorf-Priester – Dorfkirche
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Gebäude oder Kirche
DorfkircheKonfession
EvangelischOrt
Wettin-Löbejün / Nauendorf-PriesterPostleitzahl
06193Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Wettin-Löbejün/Nauendorf-Priester (D-ST) – ev. Dorfkirche – Einzel- und Vollgeläut (Turmaufnahme)
Ungehört – ungespielt – stiller Klang 2: Wettin-Löbejün/Nauendorf-Priester – ev. Dorfkirche
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
Um 1824 Neubau durch Gottlob Voigt (Eisleben) als vorderspielige Schleifladenorgel mit einem Manual und Pedal sowie sechs Registern und mittig fest eingebaute Spieltisch.
1861 Revision der Orgel.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken, diese wurden durch Zinkpfeifen (die heute verschollen sind) ersetzt.
Um 1950 Einbau eines elektrischen Winderzeugers.
Um 1960 Ersatz der Orgel durch ein Harmonium.
Ab 1980 keine weitere Nutzung der Orgel – Demolierung und Plünderung des Instrumentes.
2013 Gutachten von Orgelbau Jopseh Poldrack/Chemnitz über die Orgel bzw. deren Sanierung. Das Gutachten wurde nicht in die Praxis umgesetzt.
Die kleine Voigt-Orgel in ihrem dreifeldrigen Prospekt mit halbrund erhöhtem Mittelturm und zwei flach abfallenden Harfenfeldern an der Seite ist eines der Instrumente im Saalekreis die, trotz nicht unerheblichem Wert, als verloren gelten müssen. Das Werk ist eine kleine mechanische Schleifladenorgel – die einzelnen Werke werden über Wellenbretter angesteuert. Das Pedal ist hinterständig an der Wand untergebracht und die Pfeifen mit roter Holzwurmschutzfarbe überzogen. Vor dem Stimmgang auf Höhe der Prospektfelder liegt die Windlade für die Manualregister mit insgesamt 6 Pfeifenreihen, die auf dem Stock Platz fanden. Die Balganlage im Balghaus steht hinter der Orgel im Turmraum. Über klangliche Details kann der Autor leider keine Worte mehr verlieren, das Werk ist vollständig unspielbar. Die Fertigungsqualität der Windladen und der Holzpfeifen, sowie der technischen Anlage ist als gut zu bezeichnen. Der Zustand des Werkes ist schlecht, starker Holzwurmbefall in den Windladen und dem Pfeifenwerk. V.a. in den Pfeifenfüßen des Subbass ist dies festzustellen, auch der Spielschrank und die Klaviaturwangen sind davon betroffen. Der Spieltischeinsatz mit dem Notenpult fehlt, das Vorsatzbrett über der verschollenen Pedalklaviatur ist nicht mehr vorhanden, ebenso wie das Pedal selbst. Die Manualklaviatur ist noch vorhanden, sie besitzt schwarze Untertasten aus Ebenholz und weiße Obertasten aus Bein. Die Manubrien aus schwarzem Holz bestehen alle noch, die Porzellanregisterschilder sind bis auf drei Stück verschwunden, sodass die Disposition bei einem Register nur gemutmaßt werden kann. Die Spielanlage ist schwer beschädigt, diverse Abstrakten sind gebrochen, beschädigt – Döckchen auf den Wellenbrettern abgerissen und verschwunden.
Das gesamte Innere der Orgel ist verschmutzt, teilweise liegen Staub, Exkremente und Schutt zentimeterhoch. Etwa 60-70% der Holzpfeifen sind erhalten und liegen zum Teil gestapelt in der Orgel, teilweise chaotisch umher. Die Metallpfeifen sind bis auf wenig fast vollständig zusammengedrückte Pfeifen geplündert und verschwunden. Die Spundbretter der Pedalwindlade sind teilweise nicht mehr vorhanden. Diverse Kleinteile liegen auf dem Boden der Orgel umher – Rasterbretter und Pfeifenstöcke sind rigoros zum Teil zerbrochen worden. Die Balganlage weist Risse und Schäden auf. Die Orgel ist aufgrund der sehr sporadischen Nutzung der Kirche vollkommen in Vergessenheit geraten und wird wohl der Zeit zum Opfer fallen, gleichwohl sie als Denkmalorgel mitteldeutscher Orgelbaugeschichte in einem schlichten, andachtsvollen Raum eine große Bedeutung erlangen könnte. Dieser Beitrag soll dazu dienen, das kleine (von einem nahezu vergessenen Orgelbauer errichtete) Werk nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Disposition
Manual C – c“‘Gedact 8 Fuß (Holz) Principal 4 Fuß (teilw. Prospekt, nicht mehr vorhanden) Floete 4 Fuß Octava 2 Fuß Mixtur 2 fach (?, unsicher, ermittelt anhand der Pfeifenstöcke) |
Pedal C – c‘Sub=baß 16 Fuß (durchg. Holz) |
Spielhilfen
Als Registerzug links: Pedal=Copp. [I/P]
Als Registerzug rechts: Calcant.
Gebäude oder Kirchengeschichte
13. Jahrhundert Errichtung einer Feldsteinkirche unbekannten Patroziniums als Filiale von Krosigk.
15. Jahrhundert Umgestaltung und Vergrößerung des Gotteshauses.
1471 Guss einer Glocke
Um 1600 Einbau einer neuen Inneneinrichtung, der Kanzelkorb ist noch erhalten.
1603 Guss einer Glocke durch Georg Wolgast/Halle
1861 Umbau der Kirche im historistischen bzw. neoromanischen Stil, der Turm blieb dabei erhalten und erhielt ein neues Dach.
1876 Guss einer neuen Glocke durch Ulrich/Laucha
1917 Abgabe der Ulrich-Glocke zu Rüstungszwecken
1923 Sprung der Glocke von Wolgast, diese wurde zum Einschmelzen in Zahlung gegeben.
1923 Guss zweier Glocken durch Ulrich&Weule aus Eisen.
1937 Sprung der kleinen Glocke
Um 1950 Purifizierung der Kirche, Einbau neuer Bänke, misslungener Schweißversuch der kleinen Eisenglocke.
1970er Jahre Verfall der Kirche.
Ab 2000 Herrichtung der Kirche, aber nur sehr sporadische Nutzung.
2020 Einbau einer elektrischen Steuerung für die große Glocke.
2021 wird die Kirche selten genutzt, wovon eine dicke Staubschicht in der Innenausstattung zeugt.
Die Kirche in Priester zeigt sich als geostet einschiffiger, massiver Bruchsteinbau aus Porphyrstein aus dem Steinbruch am nahe gelegenen Petersberg. Das Gotteshaus ist eine einschiffige Saalkirche mit angeschlossenem, massiv romanischen Turm mit schlichten rundbogigen Schallöffnungen und einem Pyramidendach. Im Osten besitzt das Bauwerk eine halbrunde Apsis mit drei rundbogigen Fenstern, die sich so auch im Kirchenschiff wiederfinden. Im Süden ist eine 1861 angefügte Eingangshalle mit angedeutetem Treppengiebel angefügt, durch die man heute die Kirche betritt. Der Innenraum des selten genutzten Gotteshauses ist äußerst schlicht und auf das Wesentliche konzentriert. Die Wände sind in beige gehalten und ohne jegliche Zierde. Eine schlichte Holzbalkendecke mit Querriegeln überspannt den Raum, die Apsis besitzt ein halbrundes Tonnengewölbe. An der Chorwand finden sich Reste eines den Apsisbogen umlaufenden floralen Zierbandes, welches auch oben waagerecht über dem Chorbogen verlief. In der Apsis selbst finden sich Reste einer ehemaligen Ziermalerei mit illusorisch gestalteten, grau gefassten Flachfeldern. Der Altartisch trägt eine einteilige Mensa mit zwei Leuchtern und einem schlichten Kruzifix. Die polygonale Kanzel im Süden stammt aus der Zeit um 1600. In vier durch florale Pilaster abgesetzten Zierkartuschen zeigte sie einst die vier Evangelisten und ist desweiteren mit floralem Schnitzwerk verziert. Der Kanzelfuß ist schlicht viereckig und mit floralen Zierreliefs verziert. Der Rest der Kirche ist absolut schmucklos – im Westen befindet sich die holzsichtige Empore mit dem schmalen Orgelprospekt.
Der schmucklose Innenraum ist durch die verblichene Malerei des Chorraumes und des durch die Fenster einfallend leicht gelblichen Lichtes von leicht morbidem, aber angenehmen und ernsthaftem Charakter – von völliger Konzentration auf das Wort Gottes nebst der musikalischen Verkündigung gerichtet und damit von großer und edel-erhabener Wirkung.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter, ergänzt durch Informationen von OSV Meyer
Kirchengeschichte: Johannes Richter, basierend auf mündlichen Informationen von Gemeindegliedern
Glockenvideo von Johannes Richter auf dem Youtube-Kanal JRorgel