Orgel: Weida-Land / Göhrendorf – St. Nicolai
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Gebäude oder Kirche
St. NicolaiKonfession
EvangelischOrt
Weida-Land / GöhrendorfPostleitzahl
06268Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Weida-Land/Göhrendorf (D-ST) – ev. Kirche St.Nikolaus – Läuten der Glocke (Turmaufnahme)
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
Vermutlich 1748 Neubau einer Orgel durch Julius Heinrich Papenius (Stolberg) mit I/13 – wahrscheinlich die erste Orgel der Kirche, der Erbauungszeitpunkt kann nur anhand umliegender Orgeln vermutet werden. Der Prospekt dieser Orgel ist bis heute erhalten (Mittelteil des heutigen Prospektes, das untere Flachfeld und die seitlichen Pedalfelder entstanden später).
1772 Gutachten von Johann Gottfried Krug über die Orgel, Gebhard Christian Günther aus Querfurt tritt hier als Organist und vermutlich auch Sachverständiger auf. Krug schlägt schon damals eine Erweiterung um ein fünfstimmiges Oberwerk vor.
1775 Erweiterung durch Johann Gottfried Krug (Merseburg) II/18 (Oberwerk mit 5 Registern wurde ergänzt, ebenso eine Manualkoppel) – Kostenpunkt: 88 Taler.
1828 Reparatur durch Gottlieb Schönburg (Schafstädt) – Arbeitsumfang ist unbekannt.
16.3.1870 Kostenvoranschlag von Wilhelm Hellermann/Querfurt zur Reparatur und Erweiterung der Orgel.
1870 Erweiterung und Umbau der Orgel durch Gottfried Hellermann (Querfurt) mit mechanischen Schleifladen und fest eingebautem Spieltisch III/29.
1895 Reparaturangebot von August Apel/Querfurt – die Ausführung kommt nicht zustande.
1903 Vorschlag zur Änderung der Disposition- Ersatz der 2′-Stimmen in OW und EW durch Dolce bzw. Vox coelestis 8′
1904 Abschluss der Arbeiten durch Wilhelm Rühlmann/Zörbig.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken
1926 Einbau neuer Zinkpfeifen in den Prospekt durch W. Rühlmann
1931 Lieferung und Einbau eines elektrischen Gebläses durch W. Rühlmann/Zörbig.
Um 1950 Überholung durch Fa. Hildebrandt/Roßleben
2023 die Orgel ist vorhanden, aber nur Hauptwerk und Pedal sind spielbar. Oberwerk und Echowerk sind wegen mangelnder Regulierung der Klaviaturen nicht nutzbar, auch die Kanalanlage bedarf einer dringenden Abdichtung.
Die Hellermann-Orgel in Göhrendorf, obgleich nur noch ein Schatten ihres ursprünglichen Glanzes, präsentiert sich als ein eindrucksvolles Instrument der Hochromantik. Die Einzelstimmen sind plastisch und charaktervoll und fein schattiert. Das volle Werk, falls man davon sprechen kann, spart nicht an Glanz, Fülle und Gravität.
Bemerkenswert ist der Prospekt, der eine Einheit bildet und doch bei genauerem Betrachten seine Geschichte erzählt: Der Mittelteil oben mit den Rundtürmen stammt von der um 1748 erbauten Papenius-Orgel, das Flachfeld darunter dürfte von Krug gefertigt worden sein, die seitlichen Flachfelder des Gehäuses durch Schönburg oder Hellermann, wobei die seitlichen Schnitzwangen des alten Prospektes an die Erweiterung wieder angefügt wurden. Holzwurmbefall, sowie mangelnde Pflege und Probleme mit der Windanlage machen dem Instrument zu schaffen. Eine technische Überholung dieses eindrucksvollen Instrumentes, welches im Gegensatz zu Barnstädt auch noch den Schweller (mit horizontalen Jalousien!) besitzt, wäre mehr als wünschenswert und würde die Region um eine weitere bedeutende Orgel bereichern.
Disposition
Disposition Stand 2021
I. Hauptwerk C – f“‘Bordun. 16 Fuß. Principal. 8 Fuß. Hohlflöte. 8 Fuß. Stark=Gedakt (sic!) 8 Fuß. Viola d. Gamba. 8 Fuß. Octave. 4 Fuß. Hohlflöte. 4 Fuß. Quinte. 3 Fuß. Octave. 2 Fuß. Terz. 1 ³/5 Fuß. Mixtur. 4 fach. |
II. Oberwerk C – f“‘Liebl.=Gedakt. 16 Fuß. Geigenprincipal. 8 Fuß. Flauto travers. 8 Fuß. Gedakt. 8 Fuß. Dolce. 8 Fuß (R) Principal. 4 Fuß. Rohrflöte. 4 Fuß. Mixtur. 3 fach.
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III. Echowerk (schwellbar) C – f“‘Liebl.=Gedakt. 8 Fuß. Salicional. 8 Fuß. Voix celeste 8 Fuß. (R) Gemshorn. 4 Fuß. Flauto amabile. 4 Fuß. |
Pedal C – d‘Subbaß. 16 Fuß. Violonbaß. 16 Fuß. Principalbaß 8 Fuß. Gedaktbaß. 8 Fuß. Octavbaß. 4 Fuß. |
R=Register von Rühlmann
Disposition Papenius 1748 (?) I/13
Manual (Umfang unbekannt)Grob Gedackt 8′ Quintathon 8′ Principal 4′ Gedackt 4′ Quinte 3′ Octave 2′ Sesquialter 2fach Mixtur 3fach Trompet 8′ |
Pedal (Umfang unbekannt)Subbass 16′ Principalbass 8′ Quintbass 6′ Posaunenbass 16′ |
Disposition nach dem Umbau durch Krug (Merseburg) II/18 (OW komplett neu)
I. HauptwerkGrob Gedackt 8′ Quintathon 8′ Principal 4′ Gedackt 4′ Quinte 3′ Octave 2′ Sesquialter 2fach Mixtur 3fach Trompet 8′ |
II. Oberwerk (neu)Viola di Gamba 8′ Quintadena 8′ Spielflöte 4′ Octave 2′ Terz 1 3/5′ |
PedalSubbass 16′ Principalbass 8′ Quintbass 6′ Posaunenbass 16′ |
Dazu kamen an Spielhilfen eine „Englische Schwebung“ (Tremulant), eine Manualkoppel und ein Sperrventil für das neue Oberwerk – es ist davon auszugehen, dass auch mindestens das Pedal ein Sperrventil besaß.
Spielhilfen
Linke Seite als Registerzüge links, von oben nach unten und außen nach innen:
Oberwerk Sperrventil., Hauptwerk Sperrventil., Klingel [Kalkant], Pedalkoppel. [I/P]
Rechte Seite als Registerzug links unten: Manualcoppel. [II/I]
Über dem Pedal mittig zwischen e° und f° Schwelltritt [Löffeltritt] aus Metall für Jalousieschweller III
Gebäude oder Kirchengeschichte
11./12. Jahrhundert: Neubau der Kirche (vermutlich als Ersatz für einen hölzernen Vorgängerbau) als Ostturmkirche in romanischen Formen. Die Kirche war bis ins 16. Jahrhundert Filiale von Barnstädt.
Später erfolgte eine Erhöhung des Turmes sowie die Anfügung eines kleinen gotischen Chors statt der romanischen Apsis mit Kreuzgewölbe und Sakramentsnische, welcher sich hinter der heutigen Altarwand befindet und als Winterkirche genutzt wird.
1717-18 Umbau der Kirche, Vergrößerung des Kirchenschiffs nach Westen mit großen Rechteckfenstern, Erhöhung des Turms, Einbau der neuen Innenausstattung zum heutigen Zustand.
1909 Guss dreier Glocken mit den Gewichten 1300-700-365kg durch Ulrich (Laucha) – die kleinste Glocke ist bis heute erhalten geblieben.
1931 Guss zweier neuer Bronzeglocken durch Franz Schilling&Söhne/Apolda (Nominale es‘-g‘, Gewicht 1089kg – 524kg)
8.1.1941 Abgabe der Schilling-Glocken zu Kriegszwecken.
Das Innere zeigt sich durch den hierzulande üblichen Kanzelaltar dominiert, der an der Wand zum Ostturm in einer Nische steht. Flankiert wird der reich mit Glöckchen-Hängewerk und einer Zierkartusche samt Inschrift verzierte Kanzelkorb von zwei korinthischen Säulen – auf dem Baldachin des Altars ist eine Kreuzigungsgruppe mit dem Kruzifix zu sehen. An den Seiten trägt der Altar reiches Akanthusschnitzwerk in den Wangen mit Puttenköpfen – desgleichen wird der Kanzelkorb davon gestützt. Hinter der Altarnische folgt der Turmraum, an welchen sich der kleine Chor anschließt, der von einem Spitzbogenkreuzjoch überspannt wird und mit der unverputzten, steinsichtigen Wand mit im Norden eingelassenem gotischen Sakramentshäuschen sowie großem Taufstein den Geist der vergangenen Zeiten spürbar zu atmen scheint.
Der helle und hohe Kirchenraum wird von einer Flachdecke mit dezenter Stuckatur überspannt – u-förmig umfassen zweigeschossige, barocke Emporen den Raum. Im Westen steht der ebenfalls figürlich reich gestaltete Orgelprospekt – gleichsam ein Gegenspieler zum Altar.