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Orgel: Teutschenthal / Unterteutschenthal – St. Vitus

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Gebäude oder Kirche

St. Vitus

Konfession

Evangelisch

Ort

Teutschenthal / Unterteutschenthal

Postleitzahl

06179

Bundesland / Kanton

Sachsen-Anhalt

Land

Deutschland

Bildergalerie + Videos



Bildrechte: Datenschutz

Orgelgeschichte

1698 Aufstellung einer mechanischen Schleifladenorgel I/6 durch Peter Herold/Apolda – die Registerzahl darf angezweifelt werden, der Autor war so frei, zwei Register in kursiver Schrift zu ergänzen.
1739 Abtragung der Orgel wegen Erweiterung/Umbau des Kirchenschiffes.
1740 Wiederaufstellung der Orgel.
1856-58 Neubau einer vorderspieligen mechanischen Schleifladenorgel II/16 durch August Ferdinand Wäldner/Halle, die Orgel wurde nahezu komplett aus Gemeindemitteln finanziert.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen aus Zinn
1920er Jahre Ersatz durch Zinkpfeifen durch Fa. Rühlmann
1983 Generalreparatur und Änderung der Disposition durch OB Hildebrandt/Roßleben-Wiehe – dabei wurden die seitlichen Füllungen zu Türen umgewandelt und eine neue Pedalklaviatur eingebaut, sowie eine umfangreiche Behandlung der Orgel mit Hylotox durchgeführt

Hoch oben auf der zweiten Empore, fast verschämt versteckt, befindet sich die Wäldner-Orgel von St. Vitus in Unterteutschenthal, von den Einheimischen auch „Unterthal“ genannt.
Das Werk, mit seinen 16 Stimmen ein veritables Instrument von stattlicher Größe, verbirgt sich hinter einem Prospekt, der ebenso markant, majestätisch und gedrungen, dabei aber proportional ausgewogen ist, wie der Klang der Orgel selbst. Im durchweg barocken Raum wirkt der klassizistisch-edle Orgelprospekt als angenehmer Akzent, fügt sich andererseits mit seiner geschwungen vergoldeten Schnitzzier auch hervorragend in das Innere ein. Lokaltypisch ist der Aufbau der Prospektfront mit drei großen Flachfeldern, wobei das Mittlere etwas höher und breiter gehalten ist. Flache, kannelurenlose Pilaster mit korinthischen, weiß-gold gehaltenen Kapitellen flankieren die großen Felder. Am Mittelfeld sind auf beiden Seiten zwei übereinander angeordnete Harfenfelder eingesetzt. Die Seitenfelder besitzen als oberen Abschluss floral fein durchbrochen gearbeitete, vergoldete Ziergiebel, das Mittelfeld wird von einem antik anmutenden Spitzgiebel bekrönt – florales Schnitzwerk umspielt als Schleierbretter die Pfeifenfelder. Das Gold der Schnitzzier hebt sich gegen das helle beige-braun des Gehäuses angenehm ab, wobei die heutige Farbgebung dem Gehäuse eine zurückhaltende Leichtigkeit verleiht. Die Prospektpfeifen bestehen komplett aus etwas altersgrauem Zink und schimmern daher verhalten-geheimnisvoll. Auf beiden Seiten des Gehäuses wurden je zwei Füllungen 1983 als Türen – teilweise sehr „radikal“ – umgebaut, im Zuge dessen wurden zum Schutz vor Regenwasser und Rieselwerk aus dem Dach auch Metallplatten über das Orgelinnere an die Decke genagelt.
Der Spieltisch ist frontal als Spielschrank mit beidseitigen Flügeltüren in das Gehäuse eingelassen, die Registerzüge mit quadratischen Zugstangen und gedrechselten Manubrien aus dunklem Holz befinden sich absolut symmetrisch beiderseits des Notenpultes. Die Nummerierungen mit handbeschriebenen Papierschildern wurden später aufgebracht. Die Registerschilder aus weißem Porzellan sind mit schwarzer, geschwungener Kursivschrift beschrieben. Ein Registerschild ist vollends überklebt und handschriftlich neu bezeichnet (Sifflöt 1′ HW), bei einem (Gemshorn OW) wurde die Fußzahl überklebt und handschriftlich neu bezeichnet. Das Pedal aus späterer Zeit ist einfach geschweift, die Obertasten werden also nach außen hin länger – diese Bauform wurde von Wäldner definitiv nie angewandt und entstammt in dieser Form wahrscheinlich den 1930er Jahren – bei der letzten Restaurierung 1983 kann dieses Pedal nicht eingebaut worden sein, die Abnutzungsspuren sind dafür zu groß.
Die Balganlage mit vier Keilbälgen, die über zwei Schöpfer angetrieben wurden und heute von einem Schleudergebläse mit Wind versorgt werden, befindet sich in einem Holzverschlag im Turm. Auf Höhe der Prospektöffnungen im Inneren der Orgel stehen direkt hintereinander die Windladen der beiden Manualwerke – dies ist bedingt durch die geringe Innenhöhe des Gehäuses.
Vorne steht das Hauptwerk, dahinter das „Oberwerk“ (der Stellung nach eher ein Hinterwerk!), dahinter ist der Stimmgang positioniert. Das Pedal bildet die Rückwand der Orgel und steht ebenerdig. Alle Werke sind in C- und Cis-Seite geteilt, das Pfeifenwerk nach Innen hin aufsteigend angeordnet. Die Manualwerke werden über je ein Wellenbrett, das Pedal über eine wellenrahmenlose Traktur angesteuert.
Das Klangbild des Instrumentes zeigt sich heute weitestgehend erhalten, an zwei Stellen wurden „behutsam“ Stimmen verändert – eine wurde komplett ausgetauscht (Gedackt 8′ HW gegen Sifflöte 1′) und eines gekürzt bzw. gerückt (Gemshorn 4′ OW zu 2′). Ansonsten ist das Instrument vollends original erhalten. Das Hauptwerk steht für Gravität und Stärke, das Oberwerk ist gegenüber dem Hauptwerk deutlich zurück genommen (4 zu 9 Registern) und durch den neuen 2′ zum Positiv „aufgewertet“ worden – dazu aber später mehr. Ein füllig-warmer, leicht dumpfer, sehr schmiegsam-weicher Bordun 16′ bildet die gravitätische Grundlage des Hauptwerkes, dazu tritt eine komplette Principalpyramide, welche durch den singend-warm weichen, aber sehr voll und stark klingenden Principal 8′ gegründet und durch eine strahlend-markante Octave 4′ mit etwas rauchigem Timbre, eine herb färbende Quinte, eine glänzend-helle Octave 2′ mit leicht spitzer Ansprache – aber guter Mischfähigkeit – sowie einer dreifachen Mixtur mit golden leuchtendem Klang vervollständigt wird. Eine perlend spielfreudige, teilweise hohle, aber sehr mischfähig-melancholische Hohlflöte 8′ sowie ein kullernd flötig-rauchiges Gedackt 4′ runden den Klang des Hauptwerkes ab. Eine leuchtende, recht starke, aber weich ansprechende Sifflöte 1′ wurde statt eines Gedackt 8′ eingesetzt und kann als Erweiterung bzw. Vorstufe der Mixtur gebraucht werden. Ihr Klang stört zwar etwas das Klanggefüge, in dem das leise Gedackt 8′ eine wichtige Begleitfunktion hat, die Sifflöte ist aber dennoch einigermaßen sinnvoll einsetzbar und klanglich gut in die Orgel integriert.
Das Oberwerk ist mit seinen 4 Stimmen zwar quantitativ etwas zurückgenommen, klanglich profitiert es aber von der exponierten Lage direkt hinter dem Hauptwerk. Eine hell freundlich warm perlende, spielfreudige Flauto traverso mit orchestraler Ansprache und eine markant streichende, obertonreich singende Viola di Gamba bilden hier die Äquallage. Eine weiche, zurückhaltende Flauto amabile 4′ gibt dezente Leuchtkraft. Leicht störend ist das recht kraftvolle Gemshorn 2′ mit reichem Oberton – durch die Besetzung der 4′-Lage nur mit einer leisen Flöte fehlt hier zwischen 8′ und 2′ die präsente Verbindung, das Gemshorn hängt etwas „in der Luft“, gibt dem zweiten Manual aber etwas Gewicht zum Hauptwerk – als bei Wäldner stets sehr obertonreich strahlender 4′ wäre das Gemshorn aber passender und sinnvoller im Klanggefüge. Mit Viola oder Flauto traverso 8′ bildet es übrigens herrlich flirrend-herbe Soli!
Das Pedal, hier dankenswerterweise keiner originalen Stimme beraubt, konzentriert sich auf die Stützfunktion. Ein füllig-runder, sehr grundtonreicher Subbass und ein herb-schneidiger, durchdringend streichend-obertonreicher Violon bilden als 16′-Duo ein mächtiges Bassfundament, welches durch einen runden, leicht streichenden Principalbass 8′ mit großer Kraft und Zeichnungsfähigkeit erweitert wird. Das Volle Werk zeichnet sich durch große, edle Erhabenheit und Gravität, gepaart mit goldenem Glanz mit silberner Umschlingung aus, gestützt durch ein machtvolles Bassfundament. Dabei ist der Tutti-Klang stets voll und stark, rund und edel, aber nie grob oder undurchsichtig. Viele wunderbare Solomischungen und Zusammenstellungen aller Couleur sind möglich.
Der Zustand des äußerst selten gespielten Instrumentes ist überraschend gut, was für die große Qualität der Werke aus dem Hause Wäldner spricht. Hänger oder Heuler sowie Durchstecher waren nicht zu verzeichnen, auch der Wind ist auch im vollgriffigen Spiel stabil. Die einzelnen Stimmen sind jede nach ihrem Charakter individuell, aber mischfähig und transparent intoniert. Die Klaviaturen sollten neu ausgetucht werden, sie sind etwas „hart“ bzw. klapperig – das Spielgefühl an sich ist auch mit gekoppelten Manualen ein angenehm Präzises und Direktes. Einer Erwähnung bedarf die reichliche Behandlung des Inneren mit dem krebserregenden Wurmschutzmittel Hylotox, welches sich heute auf den Holzpfeifen als glitzernder Niederschlag findet – eine dahingehende Säuberung bzw. Reinigung ist also geboten!
Als Fazit bleibt nur zu sagen, dass die Orgel in „Unterthal“ ein hervorragendes und edles Instrument ist, welches der Orgel im „Oberthal“ um nichts nachsteht – jedoch wäre hier wie dort eine fachkundige Sanierung und Dispositionsrückführung zu wünschen – so findet sich in Teutschenthal ein Duett zweier Orgeln der großen sachsen-anhaltinischen Orgelbauerdynastien Rühlmann und Wäldner, wobei jedes Werk seine Berechtigung und seine Stärken hat. Wie schön ist doch solche Vielfalt auf kleinem Raum!

Disposition

Aktuelle Disposition (Stand 2022)

Manual I – Hauptwerk C – f“‘

Bordun 16 f. (ab C, durchg. Holz, gedeckt)

Principal 8 f. (C-H Holz, offen, ab c° Metall, offen)

Hohlflöte 8 f. (Holz, offen)

Octave 4 f. (durchg. Metall, offen)

Gedact 4 f. (C-h‘ Zinn, gedeckt, ab c“ Zinn, konisch, ab d“‘ Metall, nicht konisch)

Quinte 2 2/3 f. (durchg. Metall, offen)

Octave 2 f. (durchg. Metall, offen) 

Sifflöt 1′ (Registerschild mit Papier überklebt, handschriftlich bez., Metall offen)

Mixtur 3 fach. (1 1/3′, rep. c‘, ab c#“ 2f., ab e“ nur noch 1f., Pfeifen fehlen)

Manual II – Oberwerk C – f“‘

Flauto trav. 8 f. (C-H Holz, gedeckt, ab c° Holz, offen)

Viola di Gamba 8 f. (C-H Holz, gedeckt, ab c° Metall, offen)

Flauto amab. 4 f. (durchg. Holz, offen)

Gemshorn 2 f. (handschr.)

Pedal C – c‘

Subbaß 16 f. (durchg. Holz, gedeckt)

Violonbaß 16 f. (durchg. Holz, ab C offen, C-F# gekröpft)

Principal,,baß. 8 f. (Holz, offen)

 

Disposition 1858 (A. F. Wäldner)

Manual I – Hauptwerk C – f“‘

Bordun 16 f.

Principal 8 f.

Hohlflöte 8 f.

Gedact 8 f.

Octave 4 f.

Gedact 4 f.

Quinte 2 2/3 f.

Octave 2 f.

Mixtur 3 fach. (1 1/3′, rep. c‘)

Manual II – Oberwerk C – f“‘

Flauto trav. 8 f.

Viola di Gamba 8 f.

Flauto amab. 4 f.

Gemshorn 4 f.

Pedal C – c‘

Subbaß 16 f.

Violonbaß 16 f.

Principal,,baß. 8 f.

 

Disposition der Orgel von Peter Herold 1698 (kuriv=durch den Autor ergänzt)

Manual C,D – c“‘

Grob Gedact 8′

Principal 4′

Spielflöte 4′

Quinta 3′

(Octave 2′)

(Sifflöte 1′)

Pedal C,D – c‘

Subbaß 16′

Posaunenbaß 8′

 

Spielhilfen

Wäldner-Orgel
Als Registerzüge links unten: Pedal=Coppel. [I/P], Manual=Coppel. [II/I]
Als Registerzüge rechts unten: Calcanten=klingel. [außer Funktion], Vacat [Symmetriezug]

Herold-Orgel
Zimbelstern, Vogelgesang

Gebäude oder Kirchengeschichte

Unterteutschenthal bestand einst aus Osnitz und Würdenburg.
1129 Errichtung der Kirche St. Vitus in Osnitz als Gründung vom Kloster Kaltenborn aus.
13. Jahrhundert Guss der großen Glocke, Durchmesser 1,2m, Nominal fis‘.
Um 1450 Umgestaltung der Kirche, Fertigung des Taufsteines.
1482 Guss der kleinsten Glocke, Durchm. 0,49m.
1618-48 im dreißigjährigen Krieg wird die Kirche, ebenso wie der Ort, schwer beschädigt.
1666 Stiftung einer neuen Glocke durch Kirchenpatron Wolf Thilo von Trotha, Durchmesser 0,69m.
1666 Wiederherstellung der Kirche unter von Trotha, auch Teutschenthal selbst wird dabei wieder hergerichtet.
1675/76 Erweiterung des Kirchenschiffes, Errichtung des Portales zu Ehren von Thilo von Trotha und seiner Frau Anna von Hakeborn.
1740 Neubau des Kirchenschiffes samt Patronatsloge unter Thilo Leberecht von Trotha zu Hecklingen – im Zuge dessen wurde auch eine Gruft eingerichtet. Der Taufstein wurde entfernt.
1783 Einbau eines neuen Glockenstuhles.
7. Juni 1917 letztes Läuten der Glocke von 1666.
1917 Abgabe der Glocke von 1666 zu Rüstungszwecken.
1922 auf Beschluss des GKR wurde der Taufstein aus einem Halleschen Museum wiederbeschafft und wieder in der Kirche aufgestellt.
1950 Erneuerung der Farbfassung des Innenraumes.
1950er Jahre Zerstörung der einstigen Familiengruft im Zuge des Einbaus einer Gasheizung.
Um 1960 Elektrifizierung der großen Glocke mit einer Gloria-Läutemaschine mit einseitigem Zug.
1990 Sanierung der Kirche, neue Wetterfahne für den Turm.
Seit 2011 Beobachtung von Rissbildungen im Mauerwerk.

Die markante, heute direkt an der Hauptstraße nach Oberteutschenthal gelegene Kirche St. Vitus zu Unterteutschenthal war einst die Pfarrkirche des Dorfes Osnitz, welches später mit Würdenburg zum Ort Teutschenthal zusammen wuchs. Auch die Oberteutschenthaler Kirche St. Laurentius war einst zu St. Vitus als Filiale zugehörig. Diese Zeiten sind allerdings längst vorbei – heute sind beide Kirchen gleichberechtig im Pfarrbereich eingegliedert, wobei die St. Viti-Kirche leider nur noch selten genutzt wird. Das Bauwerk liegt in einen begrünten Hang eingebettet etwas oberhalb der Straße und ist von jener aus gut zu sehen. Malerischer Baum- und Buschbewuchs um das Gotteshaus herum schafft eine grüne Oase in der Wüste des hektischen Alltags. Die Kirche ist durchweg aus steinsichtigem Bruchsteinmauerwerk erbaut und von rechteckiger Grundgestalt. Auf der Nordseite vorne ist eine zweistöckige Patronatsloge angefügt, sodass ein nahezu L-förmiger Grundriss entsteht. Auch auf der Südseite tritt das Mauerwerk mittig am Kirchenschiff etwas hervor. Die Fenster des Kirchenschiffes sind auf der Südseite als Segmentbogenfenster mit Sandsteinlaibungen ausgeführt, die Ostfront besitzt ein ebensolches Fenster. Die Fenster der Patronatsloge sind als Rechteckfenster ausgeführt, im unteren Geschoss befindet sich ein reich verziertes Portal. Alle Fenster sind mit Sandsteinlaibungen aus rötlichem Stein umrahmt. In der Südwand sind vermauerte einstige Öffnungen zu sehen, die Ostfront und die Patronatsloge durchziehen heute leider Risse, welche mit datierten Gipsplatten überwacht und gekennzeichnet sind. Der eingezogene Westturm steht auf rechteckigem Grundriss, zwischen Turm und Kirchenschiff zeigen sich deutliche Veränderungen im Mauerwerk. Die Glockenstube des ansonsten öffnungslosen Turmes besitzt auf jeder Seite ein gotisches Spitzbogenfenster mit gemauerter Laibung, bis auf das Westliche besitzen alle Öffnungen gotisches Maßwerk als Zier. Der Turm wird durch ein schiefergedecktes, abgewalmtes Satteldach mit oktogonalem Dachreiter und Turmknopf bekrönt. Erwähnt seien hier noch gesondert die beiden Portale an der Nordseite der Kirche, die außergewöhnlich reich und prächtig ausgestaltet sind. Das Portal zum Nordanbau zeigt im Spitzgiebel einen mächtigen Wappenaufsatz mit den Initialen des Kirchenpatrons, Thilo Leberecht von Trotha und die seiner Frau, Amalie Gottliebe von Pfuhl. Das heutige Eingangsportal an der Nordseite des Kirchenschiffes ist ebenfalls reich gestaltet. Zwei freistehende, runde Säulen aus Sandstein mit kannelurenlosen Schäften tragen den Giebel mit Wappenkartusche, darunter im Gebälk sind die Initialen des Bauherrn Wolf Thilo von Trotha und seiner Frau Anna von Hakeborn zu sehen, zudem die Jahreszahl des Neubaus 1676. Die Säulen ohne Verbindung zum Gewände zeigen korinthische, reich gestaltete Kapitelle aus Sandstein. Neben dem mehrfach abgestuften Rundbogen des Portals mit seiner mittigen Zierkartusche sind zwei geflügelte Puttenköpfe angebracht. Das Portal ist überaus reich und prachtvoll gestaltet und schon allein sehr sehenswert.
Das Innere überrascht mit seiner großen Höhe und freundlichen Weite, welche durch die weiß gefärbten Wände und die ebenfalls weiß gestrichene Holztonne, welche recht spitz zuläuft, unterstützt und bekräftigt wird. Im Zentrum des Blickes liegt der barocke Kanzelaltar mit seinen seitlichen Verschlägen. Jene besitzen rundbogige, mit Fenstern versehene Türen, deren Öffnungen von einem marmorierten Rahmen umfasst werden, in den oben ein mit goldenem Schnitzwerk besetzter „Schlussstein“ eingesetzt ist. Der Kanzelkorb ruht auf einem nach oben ausschwingenden Fuß und ist mit drei runden, mit geschnitzter Zier umgebenen Zierkartuschen mit biblischen Bildern geschmückt. Zwei große Rundsäulen mit vergoldet ionischen Kapitellen rahmen den Kanzelkorb ein – der flache Schalldeckel ist mit vergoldeter Vorhangzier versehen. Oben über dem Gebälk ist als Krönung des Altars eine Figur des segnenden Christus mit den Narben in seiner Brust, umgeben von Wolkenglorie und Strahlenkranz sowie Puttenköpfen, zu sehen. Hinter der Hauptfigur ist ein Dreiecksgiebel mit einem Christuskopf angebracht. Das Motiv der Wolken und der Strahlen ist auch in den seitlichen Verzierungen des Altars wiederzufinden, auch hier finden sich Wolken- und vergoldete Strahlenmotivik sowie zwei Puttenköpfe. Durch die helle, weiß-blaue, teilweise marmorierte Farbgebung in Verbindung mit dem edlen, hellen Gold erhält der Altar eine große Leichtigkeit und Eleganz, die über die etwas rustikalen Züge der Figuren und der Zier hinweg strahlt.
Im Untergeschoss der nördlichen Loge befindet sich heute die Sakristei sowie eine Gedenktafel für die Gefallenen des ersten Weltkrieges. Einst war von hier aus auch die Gruft der Familie von Trotha zugänglich, diese wurde aber in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verschüttet und ist somit, bis auf den äußeren Zugang, verloren. In der Sakristei ist heute noch ein mit eiserner Gittertür versehenes, gotisch-spitzbogiges Sakramentshäuschen zu sehen. Die hölzerne Zierverblendung der Loge ist im Untergeschoss sehr schlicht, darüber sind drei große rundbogige Fenster eingelassen, welche mit Akanthus- und Bandelwerkdekor (teilweise vergoldet) geschmückt ist. Daneben ist die Patronatsloge mit Reliefwappen und Vasendekor sowie einer Zierkartusche, bekrönt von einem Engel mit Siegesfackel, verziert. Die bekrönende Kartusche trägt heute die Inschrift „REN. A.D. 1950“ (Renoviert Anno Domini 1950), die Farbgebung nimmt die hellen Farben des Altars in gekonnter Weise wieder auf. Ebenerdig rechts und links des Altars sind zwei Logen angebracht, die ebenfalls mit Bandelwerk und Akanthusschnitzwerk verziert sind.
Im Altarraum befindet sich der Taufstein aus der Renaissance, welcher aus Sandstein besteht und überaus reich verziert ist. Der sechseckige Fuß und der kurze, aus dem Fuß schwingend emporwachsende Schaft sind mit Blättern verziert, welche rund um den Fuß bei genauerem Hinsehen auf den sechs Ecken des Fußes sechs fratzenartige Gesichter bilden, aus welchen die Zierblätter des Schaftes emporwachsen. Das geschweifte Becken ist mit Festons, Früchten und freundlich dreinblickenden Puttenköpfen verziert – darüber befindet sich ein schmuckloses Gesims als oberer Abschluss. Eine Datierung weist der Taufstein nicht auf, seine Zier ist aber überaus fein und edel gearbeitet.
Die Empore ist doppelgeschossig und hufeisenförmig, im Westen schwingt die Balustrade sanft nach vorn. Die quadratischen Säulen besitzen goldene, geradlinige Zier, die Emporenbrüstungen quadratisch marmorierte Zierfelder. Im Westen sind auf der unteren Empore zwei Bibelsprüche (Denn alles Fleisch, es ist wie Gras, aber des Herrn Wort bleibet in Ewigkeit und Alle Zungen sollen bekennen, dass Jesus Christus der Herr ist) aufgemalt. Der Raum ist hell und freundlich, edel gestaltet und sehr einheitlich-elegant – eine häufigere und regelmäßigere Nutzung wäre St. Vitus, welche gegenüber der Kirche des Oberthales deutlich weniger genutzt wird, zu wünschen, denn künstlerisch und atmosphärisch muss sich auch St. Vitus vor der Kirche von Oberteutschenthal nicht verstecken.

Anfahrt

Quellenangaben


Orgelbeitrag erstellt von:

Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: J. Richter – eigene Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964
Kirchengeschichte: J. Richter – Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus einem Faltblatt zur Kirche und:
Georg Dehio – Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Sachsen Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle (Bearb. Bednarz, Cremer, Krause u.a.), Deutscher Kunstverlag 1999

Historische Disposition in: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964, S.88

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