Orgel: Teutschenthal / Oberteutschenthal – St. Laurentius
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Gebäude oder Kirche
St. LaurentiusKonfession
EvangelischOrt
Teutschenthal / OberteutschenthalPostleitzahl
06179Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Außenfotos
Fotos des Innenraums
Altar
Sandsteinreliefs hinter dem Altar
Taufstein
Empore und Emporengemälde
Decke und Deckengemälde
Orgelgehäuse
Spieltisch
Orgelinneres
Glockenstube
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
1723 Aufstellung einer ersten (aus finanziellen Gründen) gebrauchten Orgel aus der Stadtkirche St. Maximi zu Merseburg, die für 100 Taler durch Nikolaus Becker in der Kirche aufgestellt wurde – Schleifladenorgel I/16
Um 1800 Umdisponierung.
1895 Vorschlag von Wilhelm Rühlmann für einen Um- bzw. Neubau der Orgel, ebenso wie das Angebot, den Prospekt „im Stile der Kirche neu zu erbauen“ – es kann also nicht genau gesagt werden, ob das Gehäuse alt ist, oder ob Rühlmann ähnlich wie in Petersberg/Nauendorf einen neuen Prospekt in alten Formen errichtete.
1900 Umdisponierung durch Rühlmann, möglicherweise Erweiterung.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen zu Kriegszwecken.
1928 Bericht über die alte Orgel als zweimanualiges Werk II/17. Planungen für einen Neubau – zwei Stimmen der alten Orgel (Cornett 3fach und Vox humana) sind außer Betrieb.
1932 Neubau einer vorderspieligen pneumatischen Kegelladenorgel II/16 + 1 (geplant II/20 + 1, 4 leere Registerschilder) durch W. Rühlmann als Opus 451.
1980er Jahre Umdisponierung und Überholung durch Hildebrandt/Roßleben-Wiehe, dabei auch technischer Umbau u.a. Entfernung der Collective.
2022 die Orgel ist mit wenigen Ausfällen spielbar, drei Registerschilder der Koppeln fehlen ganz. Der Prospekt ist komplett mit stummen Pfeifen aus Zink besetzt.
Fast könnte man meinen, dass der Gestalter (neudeutsch „Designer“) des Prospektes in Oberteutschenthal sich von der Freiberger Domorgel hätte inspirieren lassen – mag es so sein oder nicht, die Orgel erhebt sich in dem weiten und lichten Raum sehr elegant, geschwungen, nahezu schwerelos. Die Proportionen des zweiteiligen Prospektes sind überaus ausgewogen und dürfen mit Fug und Recht als eine der gelungensten Orgelfassaden hierzulande bezeichnet werden. Durch ein breites, waagerechtes Gesims wird die Orgelfront in zwei Teile gegliedert, statt drängender Pfeifentürme finden sich hier sanft schwingende Wölbungen, welche durch zwei Seitenfelder und ein Mittelfeld gebildet werden.
Das Gehäuseoberteil („Oberwerk“) besitzt ein zentral schwingend-gewölbtes Feld, dazu seitlich angesetzte Harfenfelder. Im Unterteil durchbrechen zwei flache Pfeifenfelder den Schwung, fügen sich aber in seine Bewegung gut ein. Kleine Holzpfeiler mit ionischen Kapitellen flankieren die Pfeifenfelder und führen ein senkrechtes Moment in die Schaufassade ein.
Die seitlichen Harfenfelder des Obergehäuses schwingen elegant nach unten ab, auf ihren Seiten haben zwei Putten mit Trompeten ihren Platz gefunden, eine mit Gesicht versehene Sonne samt Strahlenkranz bekrönt den Prospekt und schlägt den Bogen zum Kanzelaltar, der ebenfalls solche Zier besitzt. Zwei Vasen mit eingesetzten Eichenzweigen samt Früchten und Blättern schließen die edle Prospektzier an den Seiten des Untergehäuses ab. Die Schaufront ist durch die weiße Farbe von großer Leichtigkeit, dezente Vergoldungen verleihen ihr edle Ernsthaftigkeit und große, elegante Erhabenheit.
Der Spieltisch ist, wie bei Rühlmann typisch, frontal an das Gehäuse angesetzt und besitzt ein Rollverdeck. Insgesamt vier unbeschriftete Registerschalter deuten darauf hin, dass die Orgel ursprünglich größer konzipiert worden sein dürfte. Ein Registerschalter weist Spuren einer früheren Überklebung auf. Das Registerschild „Quintadena 8′“ weist eine deutlich andere Schrift auf – zwar handelt es sich hier, wie bei den anderen Schildern, um die für die Werkstatt typischen weißen Porzellanschilder mit Goldrand und schwarzer Frakturschrift, allerdings ist die Schrift auf dem betreffenden Schild deutlich kleiner und breiter auseinander gezogen, quasi feiner gestaltet. Dieses Register kam also nachträglich hinzu – wann, das kann wie so vieles aus der Geschichte der Orgel nicht mehr genau gesagt werden. Drei Registerschilder fehlen ganz – die der Koppeln, mit Ausnahme der Pedalkoppel I. Die Manualkoppeln wurde nachträglich mit Bleistift frei Hand bezeichnet, die anderen Schalter besitzen weder Schilder, noch Beschriftung oder Funktion. Die Drücker der Collective sind entfernt worden, die Funktion derer kann also nicht mehr überprüft werden. Untypisch ist auch die Position des Firmenschildes, welches sich meist zentral über dem Obermanual befindet – hier wurde es links außen angebracht.
Das Gehäuse mit der eleganten, werkgeteilten Fassade und den matten, hellen Zinkpfeifen – welche hier dem visuellen Eindruck keinen Abbruch tun – täuscht über den inneren Aufbau des Werkes. Der Prospekt ist komplett stumm, die neue Orgel wurde 1932 ohne jegliche Verbindung zur Fassade hinter selbige gestellt. Im Turmraum befindet sich in einem Holzverschlag ein Doppelfaltenmagazinbalg samt Schöpfeinrichtung, das Meidinger-Schleudergebläse befindet sich in selbigem Raum. Das Orgelinnere ist recht pragmatisch aufgebaut: Vorne, auf Höhe der Prospektöffnungen, stehen die nach außen hin aufsteigend in C- und Cis-Seite geteilten Windladen des ersten Manuales, dahinter (leicht erhöht) stehen die in selbiger Art und Weise geteilten, aber nach innen aufsteigenden Laden des Oberwerkes, welches hier sprichwörtlich ein Oberwerk ist. Das Pedal befindet sich ebenerdig stehend unter der Windlade des Oberwerkes und bildet die Rückwand der Orgel.
Die Disposition ist leicht orgelbewegt, noch deutlich in der Romantik verhaftet, universell. Leider wurde das Werk in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts umgestaltet, was sich nicht immer vorteilhaft erweist. Das erste Manual ist als kraftvolles Hauptwerk disponiert. Ein warm dunkles, weich-rundes Gedackt 16′ bildet hier die Grundlade und verleiht Gravität und Fülle. Ein singend-runder, vollmundig-füllig starker Principal 8′, eine schlanke, helle, kraftvoll-strahlende Octave 4′ sowie eine vierfache Mixtur mit edlem Goldglanz bilden das klangliche Rückgrat des Werkes, welches durch eine perlend-runde, zurückhaltende, sehr weich-orchestrale Hohlflöte von leicht rauchigem Timbre ergänzt wird. Dazu tritt eine hell glitzernde, etwas spitze Octave 2′, welche aus dem einstigen Nachthorn 4′ gewonnen wurde. Jener 2′ ist zwar ein Gewinn für das Hauptwerk an sich, da ein „Vorplenum“ gebildet werden kann, durchbricht jedoch das einstige Klanggefüge deutlich. Das zweite Manual besitzt als Grundlage gleich vier Charakterstimmen der 8′-Lage. Ein schlanker, edel singender, streichend-deutlicher Geigenprincipal 8′ verleiht dem Werk Gewicht, ihm zur Seite gestellt sind ein still streichendes, ätherisch säuselndes Salicional, eine sehr herbe, stark quintierende, flirrend-melancholische Quintadena sowie ein rund dumpfes, sehr mischfähiges Gedackt 8′, welches eine bemerkenswerte Klangkraft aufweist – es ist deutlich lauter als die Hohlflöte des ersten Manuales und bildet somit eine melancholisch perlende Solostimme. Einst dürfte sich an der Stelle der Quintadena 8′ eine Fugara 4′ befunden haben, sodass beide Manuale je zwei Vierfußstimmen haben. Die Vierfußlage im zweiten Manual ist heute nur durch eine Spitzflöte vertreten, deren Name aber nicht über ihren starken, hell-schlanken, fast principalischen Klang hinwegtäuschen sollte. Eine hell leuchtende, weich-runde Schwiegelpfeife 2′ verleiht dem Werk Helligkeit, eine Sesquialtera 2fach lässt sich als Solostimme gut hören und verlieh der Orgel einst cornettartigen Charakter – leider wurde diese Stimme verändert und zu einer etwas absonderlichen Mixtur 2 2/3’+1′ umgestaltet. Durch den weiten Abstand beider Chöre entsteht ein klanglich sehr unbefriedigendes „Loch“, welches die Sesquialtera heute leider nahezu unbrauchbar macht. Das Pedal mit vier Stimmen ist auf Gravität und Tragfähigkeit ausgelegt, 3/4 der Pedalregister entstammen der 16′-Lage, eines davon (Stillgedackt) ist eine Transmission. Der Subbass ist wie für Rühlmann typisch stark, kraftvoll, tragfähig und etwas dumpf, dabei aber nicht aufdringlich. Cello 8′ ist sehr schlank, schneidend-obertonreich, rauchig, fast mit dem Charakter einer durchschlagenden Zunge. Die Posaune 16′ ist keine typische Posaune der Firma, welche ihre Pedal-Posaunen eigentlich immer mit Holzbechern baute. Durch die enge Mensur der Aufsätze klingt die Posaune zwar gravitätisch rund, aber immer etwas schnarrend, knarrig und herb – sie grundiert das Plenum bzw. volle Werk aber sehr angemessen.
Der Gesamtklang der Orgel füllt den Raum gut und vollmundig aus – trotz der Umbauten besitzt das Werk einen edel erhabenen und weichen Ton. Einzig die veränderte Sesquialtera wirkt etwas befremdlich. Viele Klangmischungen herber, sanft-melancholischer, verträumter oder auch machtvoll-imposanter Art sind mit den 17 Stimmen möglich, getrübt durch die Tatsache, dass zwei Koppeln nicht mehr in Funktion sind. Vielfarbigkeit und Fülle sind trotz der verhältnismäßig wenigen Stimmen in großer Menge vertreten.
Neben den klanglichen Spezifika zeigte sich die Orgel bei der Besichtigung in einem guten, spielbaren Zustand. Einige Verstimmungen waren festzustellen, Windmangel oder Undichtigkeiten dagegen nicht. Einige wenige Tasten des zweiten Manuales zeigten in einigen Registern Ausfälle, welche sich aber bei Nutzung von mehreren Stimmen negieren. Die Traktur funktioniert ausreichend präzise, die Tastenfedern besitzen aber wenig Spannung, sodass das Spielgefühl ein sehr Leichtes ist – hier sollte durch den Einbau neuer Federn Abhilfe geschaffen werden. Die Registereinschaltungen funktionieren ohne Fehler – bei den Koppeln sind nur zwei in Funktion (II-I, I/P), die zwei anderen sind außer Betrieb, was fast den Eindruck erweckt, dass hier bei der Renovierung auf „alte Zeiten“ zurückgegriffen wurde, als hier in der Region nur die Pedalkoppel I und eine Manualkoppel üblich waren – die zwei anderen Koppeln (II/P, II/I super) wurden scheinbar stillgelegt, weil sie dem Zeitgeschmack ebenso wenig entsprachen wie die Kollektive, denen die Druckknöpfe und somit die Funktion genommen wurde.
Das Pfeifenwerk ist in gutem Zustand, es ist weder Schimmel noch Holzwurmbefall festzustellen. Eine Reinigung täte dem Orgelinneren dennoch gut. Die Veränderungen, vor allem die der Sesquialtera, sollten rückgängig gemacht werden, um das einstig gut durchdachte Klanggefüge wiederzuerlangen.
Nichtsdestotrotz: Der Klang des Werkes entspricht dem erhabenen Äußeren und erfüllt kraftvoll den Raum zum Lobe Gottes.
Disposition
Disposition 2022
Manual I – Hauptwerk C – g“‘Gedackt 16′ (Holz, gedeckt) Principal 8′ (C-H Holz, offen, Rollenbärte, ab c° Zink, offen, ab c‘ Zinn, offen, Seitenbärte) Hohlflöte 8′ (C-H gedeckt, Holz, ab c° Holz, offen, ab f#“ offen, Metall) Octave 4′ (C-H Zink, offen, ab c° Metall, offen) Flöte 2′ (Metall, offen, konisch, Seitenbärte) Mixtur 4 fach (C-H 3fach 1 1/3′, ab c° vierfach, Metall offen, rep. c“) |
Manual II – Oberwerk C – g“‘Geigen-principal 8′ (C-H Holz, offen, c°-h° Zink, offen, ab c‘ Zinn, offen) Gedackt 8′ (C-f“ Holz, gedeckt, ab f#“ Metall, gedeckt) Quinta-dena 8′ (C-H Zink, gedeckt, ab c° Metall, gedeckt) Salicional 8′ (C-H Zink, offen, ab c° Metall, offen) Spitzflöte 4′ (C-H Holz, offen, ab c° Metall, offen) Schwiegel-pfeife 2′ (Metall, offen konisch) Sesqui-altera 2 2/3’&1′ (2 2/3′ C-A Zink, offen, ab B Zinn, 1′ durchg. Metall) |
Pedal C – f‘Subbaß 16′ (Holz, gedeckt) Still-gedackt 16′ (Tr.I) Cello 8′ (Zink, offen, Rollenbärte, ab c‘ Zinn, offen, mit Rollenbärten) Posaune 16′ (aufschlagend, Stiefel Holz, Becher Zink) |
Originale Disposition 1932 (Rühlmann Opus 451)
Manual I – Hauptwerk C – g“‘Gedackt 16′ Principal 8′ Hohlflöte 8′ Octave 4′ Nachthorn 4′ Mixtur 4 fach |
Manual II – Oberwerk C – g“‘Geigen-principal 8′ Gedackt 8′ Quinta-dena 8′ Salicional 8′ Spitzflöte 4′ Schwiegel-pfeife 2′ Sesqui-altera 2 2/3’&1 3/5′ |
Pedal C – f‘Subbaß 16′ Still-gedackt 16′ (Tr.I) Cello 8′ Posaune 16′ |
Disposition der Orgel aus Merseburg bei Aufstellung in der Kirche 1723 (Schreibweisen der Zeit angepasst)
Manual C,D – c“‘Portun 16′ Gedact 8′ Quintadehn 8′ Principal 4′ Klein Gedact 4′ Gems-horn 4′ Quinta 3′ Octava 2′ Spitz-flöte 2′ Tertie 1 3/5′ Sufflöt 1′ Mixtur 4fach |
Pedal C,D – c‘Sub=Baß 16′ Principal 8′ Posaun=Baß 16′ Cornetin 2′ |
Disposition der Orgel 1928
Manual I – Hauptwerk C – c“‘Bordun 16′ Gedackt 8′ Flauto traverso 8′ Principal 4′ Gemshorn 4′ Quinte 3′ Octave 2′ Mixtur 4fach |
Manual II – Oberwerk C – c“‘Quintatön 8′ Gedackt 4′ Principal 2′ Sifflöte 1′ Cornett 3fach Vox humana 8′ |
Pedal C – c‘Subbaß 16′ Violonbaß 8′ Posaune 16′ |
Spielhilfen
Spielhilfen Stand 2022
Als Registerschalter rechts: II-I [kein Registerschild, handschriftlich], Pedal-koppel I[/P], Pedal-koppel II [ohne Schild, außer Funktion], Ober-octav-koppel II-I [ohne Schild, außer Funktion]
Als Registerschalter ganz rechts: Kalkant [außer Funktion]
Spielhilfen 1932
Als Registerschalter rechts: Manual-koppel, Pedal-koppel I[/P], Pedal-koppel II[I/P], Ober-octav-koppel II-I
Als Registerschalter ganz rechts: Kalkant [außer Funktion]
Als Drücker in der Vorsatzleiste unter Manual I, von links: Auslöser, Piano, Forte Tutti
Gebäude oder Kirchengeschichte
Nach 1120 Errichtung einer ersten Kirche in Deussen (später Oberteutschenthal) als Gründung vom Kloster Kaltenborn aus.
1129 Weihe der Kirche durch den Bischof von Halberstadt.
Um 1450 Umgestaltung der Kirche im gotischen Stile.
1495 Guss der heutigen Glocke durch einen unbekannten Gießer, Durchmesser 140cm, Nominal d‘.
Um 1550 Fertigung der Reliefs in der Ostwand der Kirche, die von einer einstigen Sandsteinkanzel stammen – dargestellt sind Mose, eine Kreuzigungsgruppe und die vier Evangelisten.
1615 Brand der Kirche, das Bauwerk wurde, bis auf den Kirchturm, schwer beschädigt.
1617 Abschluss des Wiederaufbaues der Kirche.
18. April 1617 Einweihung der Kirche.
1667 Einbau der Empore, Entstehung der Emporengemälde.
1696 Stiftung des Taufsteines.
1723 Umwandlung der Flachdecke zum Tonnengewölbe für den Einbau der Orgel.
Um 1760 Erneuerung/Vergrößerung des Kirchenschiffes mit Mansarddach.
Um 1800 Einbau des Kanzelaltares.
1917 Abgabe zweier Glocken zu Rüstungszwecken.
1937 Erneuerung der Emporengemälde, dabei wurden die früheren Gemälde von 1667 freigelegt und durch den Maler Karl Völker (vergl. auch Schmirma) ergänzt, sodass alle Emporenfelder mit Gemälden versehen sind.
1937 Fertigung der Deckengemälde durch Fritz Leweke.
1962 Sanierung am Turm mit neuer Wetterfahne.
Um 1990 Sanierung der Kirche, Einbau einer neuen Läuteanlage mit neuem Klöppel durch die Firma Laszlo Szabo/Atern.
Die Oberteutschenthaler Kirche liegt malerisch in der Mitte des Ortes, umgeben vom heute nicht mehr genutzten Friedhof und seiner Ummauerung, welche die grüne Wiese sanft einfasst.
Das Patrozinium der Kirche deutet auf eine Gründung von Merseburg aus hin, schließlich ist der Hl. Laurentius einer der Patrone des Domes zu Merseburg. Das Bauwerk zeigt sich heute als einschiffige, rechteckige Saalkirche mit angefügtem Westturm. Auf der Nordseite des Kirchenschiffes ist deutlich die Aufschüttung des Friedhofes zu erkennen, die nördliche Mauer der Kirche ist deutlich tiefer in den Baugrund eingelassen als die Südliche. Die gesamte Kirche ist aus Bruchsteinmauerwerk errichtet und zeigt sich heute mit unverputztem Mauerwerk, Reste alten Verputztes sind aber sichtbar. Der Westturm steht auf quadratischem Grundriss, die vier Schallfenster der Glockenstube sind als Spitzbogenfenster gebaut, das Östliche und das Nördliche der vier Öffnungen zeigen spätgotisches Maßwerk. Eine mächtige schiefergedeckte Schweifhaube, auch „welsche Haube“ genannt, mit Laterne und Turmknopf bekrönt den Turm. Das Kirchenschiff besitzt ein Mansarddach, welches auf jeder Seite durch je drei Dachgauben durchbrochen wird. Die Fenster des Kirchenschiffes sind als Segmentbogenfenster mit rötlichen Sandsteinlaibungen ausgeführt, auf der Südseite sind vermauerte, einst spitzbogige Fensteröffnungen zu sehen. Auf der Südseite neben dem turmnahen Portal befindet sich eine Sandsteintafel mit Wappen und Inschrift, welche den Bau auf 1617 datiert – sie wurde, ersichtlich durch die unregelmäßige Form, später dort in das Mauerwerk eingesetzt und von Ziegelsteinen umrahmt. Die Stirnseite des Kirchenschiffes im Osten besitzt zwei mittig übereinander angeordnete Segmentbogenfenster, Kirchenschiff und Turm besitzen Eckquaderungen.
Das Innere der Kirche zeigt sich hell und weit, den imposanten Ausmaßen des Gotteshauses entsprechend. Die Kirche zeigt sich innen von durchweg weißer Farbe, das Kirchenschiff wird durch eine weiß verputzte, durch Dachgauben beleuchtete Tonnendecke überspannt. Der bekannte Kirchenmaler Fritz Leweke gestaltete die drei Deckengemälde mit Szenen aus dem Leben Jesu. Das Östliche zeigt die Gebetsszene aus dem Garten Gethsemane – Christus kniend und betend, über ihm ein Engel mit dem Kelch, über den Jesus mit den Worten „Vater, ists möglich, so gehe dieser Kelch von mir“ spricht. Im Hintergrund sind die Jünger schemenhaft und schlafend dargestellt. Das mittlere Gemälde zeigt die Bergpredigt, im Zentrum Christus mit Strahlenkranz, darum schemenhaft die Menge der Hörenden. Das westliche Gemälde zeigt Christus beim Hinauswerfen der Händler aus dem Tempel, wobei der Tempel hier als romanisches Bauwerk dargestellt wird. Alle drei Bilder sind von passenden Bibelworten in Frakturschrift umrahmt.
Im Zentrum des Blickes liegt der große Kanzelaltar mit seitlichen Verschlägen im geradlinigen, klassizistischen Stil. Der Kanzelaltar selbst ist geradlinig, elegant und schlicht gehalten. Zwei mächtige Pilaster mit vergoldeten Kanneluren und ebensolchen ionischen Kapitellen flankieren den polygonalen Kanzelkorb, welcher mit einem Zierfries und vergoldeten Rechteckfeldern geschmückt ist. Der Schalldeckel besitzt dezentes Vorhangschnitzwerk. Darüber ist ein breites Goldband mit der Aufschrift „Ehre sei Gott in der Hoehe“ aufgebracht – die Art und Weise der Anbringung der Schrift sowie die seitlichen Säulen erinnern an den Eingang eines antiken Gebäudes. Der Giebel, getragen von einem mehrfach abgestuften, teils vergoldeten Gesims, ist mit dem Auge Gottes im Strahlenkranz verziert, welches ebenfalls vergoldet ist. Hinter dem Kanzelaltar sind einige Reste der einstigen Ausstattung in die Wand eingemauert. Auf der rechten Seite sind Felder einer einstigen Sandsteinkanzel eingelassen, welche als Relief die vier Evangelisten samt Namenszug und eine fein gestaltete Kreuzigungsgruppe zeigen. Auf der linken Seite ist eine nahezu lebensgroße Figur des Mose von recht einfacher, etwas derber Gestaltung in die Wand eingemauert. Leider sind diese Zeugen der einstigen Kirche sehr verborgen, obgleich sie künstlerisch sehr hochwertig und edel gestaltet sind! Rechts des Altars ist eine Gedenktafel für die Gefallenen des ersten Weltkrieges angebracht, ihr gegenüber ein Gedenkstein für die 800-Jahr-Feier der Kirche 1929, versehen mit goldener Schrift auf Marmorgrund.
Die Taufe ist aus Sandstein gefertigt und besitzt einen kelchförmigen Oberbau, der auf einem mehrfach gestaffelten, achteckigen Fuß mit kurzem Schaft sitzt. Der Schaft ist mit Festons verziert, das Taufbecken selbst mit floralen Reliefs und Engelsköpfen. Am oberen Abschluss umläuft ein schwarz gefärbtes, später ergänztes Spruchband die Taufe, welches das Taufevangelium darstellt: Lasset die Kindlein zu mir kommen, und wehret ihnen nicht. Am Fuß der Taufe ist eine Inschrift mit Nennung der Jahreszahl und des Stifters aus Freyburg eingelassen. Das Taufbecken ist durchweg überaus fein, edel und hochwertig gearbeitet. Die Empore umfasst eingeschossig und hufeisenförmig den Raum, sie ruht auf gedrehten Posten, die oben mit vergoldetem Floralschnitzwerk verblendet und verziert sind. Unter der Orgel ist die Brüstung durchbrochen und mit runden Säulen versehen. Die anderen Emporenfelder sind quadratisch und von einem schmalen Goldrahmen umzogen. Bemerkenswert ist ihre Bemalung, die teilweise von 1667, teilweise von 1937 aus der Feder des Künstlers Karl Völker, welcher auch in Schmirma tätig war, stammen. Sie zeigen in einfacher, etwas derber, aber sehr lebendig-eindrücklicher Darstellung Szenen aus dem Leben Jesu, welche durch die gedeckten, etwas dumpf-dunklen Farben im ansonsten sehr hellen Raum als markante Akzente wirken und einen schönen Kontrast bilden.
Der Kirchenraum ist hell und weit, geradlinig und erhaben, dabei aber sehr elegant und einheitlich und gehört nach Ansicht des Verfassers zu den bemerkens- und sehenswerten Räumen der Region, wobei hier die Vereinigung von „alt“ und „neu“ durchweg herausragend und einheitlich-elegant gelungen ist, was dieser Kirche eine erhaben-elegante, ernste und konzentrierte Wirkung verleiht.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: J. Richter – eigene Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964
Kirchengeschichte: J. Richter – Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964 und:
Georg Dehio – Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Sachsen Anhalt II: Regierungsbezirke Dessau und Halle (Bearb. Bednarz, Cremer, Krause u.a.), Deutscher Kunstverlag 1999
Historische Dispositionen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964 S.93f.