Orgel: Salzatal / Salzmünde-Benkendorf – St. Michael
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Gebäude oder Kirche
St. MichaelKonfession
EvangelischOrt
Salzatal / Salzmünde-BenkendorfPostleitzahl
06198Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Orgelgeschichte
1698 ist laut Kirchbuch keine Orgel vorhanden.
Um 1725 Neubau einer einmanualigen Barockorgel hinter dem heutigen Prospekt – Erbauer bis dato unbekannt.
1816 Reparatur durch Friedrich Wilhelm Wäldner
1818-20 erneute Pflege durch Wäldner/Halle
1843 Reparatur der Orgel durch Friedrich Wilhelm Wäldner
1861 Reparatur der Orgel durch Wilhelm Hellermann/Querfurt.
1873 Revision des Werkes durch August Apel/Querfurt.
1874 erneute Reparatur durch Friedrich Wilhelm Voigt.
1886 Revision der Orgel durch Richard Jähne/Bernburg.
1907 Neubau durch P. Furtwängler&Hammer/Hannover als Opus 604, vorderspielige Taschenladenorgel II/6 mit pneumatische Trakturen.
Um 1970 starke Ausfälle im Werk durch mangelnde Pflege, Pfeile und Kreuze mit Bleistift unter den Registerschaltern weisen auf Funktion oder Nichtfunktion hin.
2023 die Orgel ist vorhanden, aber nicht spielbar und stark verschmutzt. Ein elektrisches Gebläse erhielt das Instrument nie.
Die Orgel in der Kirche in Benkendorf ist ein wertvolles Beispiel für Orgelbau ihrer Zeit, zeigt sie doch sehr eindrücklich, wie mit vergleichsweise geringen Mitteln ein doch „großer“ Klang erreicht wurde. Der Prospekt entspricht der für die Barockzeit typischen Form dieser Region: zwei spitz zulaufende Seitentürme stehen außen am Gehäuse, in der Mitte befindet sich ein vorspringendes Rundfeld, das deutlich überhöht ist, dazwischen befinden sich kleine, flache Pfeifenfelder. Die Proportionen wirken dabei trotz der an sich etwas gestreckten Form durchaus harmonisch und ausgeglichen, dies kommt durch die breiten Quersimse und die seitlichen Schnitzwangen.
Der Spieltisch befindet sich frontal am Gehäuse mit Blick zur Orgel. Im Inneren befindet sich eine chromatisch dem Verlauf der Klaviatur folgende Windlade, die als pneumatische Taschenlade gebaut ist, wie sie Furtwängler&Hammer oft und gerne, so auch in Schochwitz oder Schkopau, hergestellt hat. Vorne steht das erste Manual, dahinter das zweite Manual. Seitlich in einem kleinen Verschlag steht das Pedalregister. Der Balg befindet sich in einem Holzverschlag im Turmraum hinter dem Instrument.
Im ersten Manual finden sich der für die Klangkraft in einem so akustisch trockenen Raum wie dieser Kirche sehr wichtige Principal 8′, nebst einem gedeckten Bordun 8′ zur Auffüllung und Verbreiterung – dazu ein Gemshorn 4′ als Substitut einer Octave 4′. Das zweite Manual beherbergt zwei Stimmen, die auch in eine einmanualige Orgel passen könnten, hier aber zwecks mehr Möglichkeiten ausgelagert sind – eine offene Flöte und ein sanfter Streicher. So ist auch obligates und solistisches Spiel möglich. Das Pedal besitzt für die Fundamentierung einen gedeckten 16′. Der Klang kann durch die Octavkoppeln wesentlich erweitert werden, ohne dass mehr Register gebaut werden müssten, doch gewinnt der Klang damit wesentlich an Glanz und Kraft, auch wenn die Koppeln nicht ausgebaut sind – so konnten Geld und Platz gespart, aber dennoch ein „großer“ Klang verwirklicht werden.
Der Zustand des Werkes ist heute schlecht. Das Innere ist stark verschmutzt, auch von Holzwurm angegriffen. Alle Pfeifen sind aber vorhanden. Bemerkenswert sind die aus dem 18. Jhd. stammenden Prospektpfeifen aus Zinn, die nicht der Metallkonfiskation zum Opfer fielen. Dies allein macht den Bestand des Werkes wertvoll! Über den genauen Zustand der Pneumatik kann der Verfasser ebenso wenig Auskunft geben wie über den Klang der Orgel. Fest steht: Auch wenn es wegen der seltenen Nutzung der Kirche in weiter Ferne steht – es wäre zu wünschen, dass diese kleine, aber umso wertvollere Orgel einst wieder erklingen darf.
Disposition
Manual I – Hauptwerk C – f“‘Principal 8 Bordun 8 Gemshorn 4 |
Manual II – Oberwerk C – f“‘Travers=flöte 8 Salicional 8 |
Pedal C – d‘Subbass 16 |
Spielhilfen
Als Registerschalter links, von links: Kalkant, Pedal=koppel II[/P], Pedal=koppel I[/P], Manual=koppel II=I
Als Registerschalter rechts, von links: Super=octavkoppel I, Sub=octavkoppel II-I, Evacuant
Als Druckknöpfe in Vorsatzleiste unter Manual I: Tutti, Hand=registratur
Gebäude oder Kirchengeschichte
Um 1200 Bau einer romanischen Steinkirche.
1499 Vergrößerung des Kirchenschiffes, Anbau eines dreiseitigen Ostabschlusses.
1517 Guss der kleinen Glocke.
1652 Guss der großen Glocke.
Um 1750 Vergrößerung der Fenster, neue Innenausstattung im Stile des Barock.
19. Jhd. Einbau eines Ofens zur Heizung – Ausmalung der Holzdecke.
Um 1930 neue Farbfassung des Innenraums.
2021 Sicherung eines Sandsteinkapitells an der nördlichen Turmseite.
Die Kirche in Benkendorf wird nur noch zu Weihnachten genutzt.
Die Kirche St. Michael in Benkendorf liegt eingebettet in eine kleine Senke direkt an der den Ort durchziehenden Hauptstraße. Sie ist ein für die Größe des Ortes stattliches Gotteshaus, dem es heute leider an regelmäßiger Nutzung mangelt. Ihre Gestalt ist typisch für die Kirchenarchitektur des Saalekreises. Die Kirche ist als einschiffige Saalkirche erbaut. Im Osten ist ein flacher, dreiseitiger und fensterloser Chorabschluss angefügt, der an der Südseite eine vermauerte Rundbogenöffnung zeigt. Im Westen schließt sich ein breiter Westturm mit Satteldach an, dessen Schallöffnungen als romanische Doppelarkaden mit Sandsteinsäulen ausgeführt sind. Diverse romanische Bogenöffnungen finden sich in den Mauern des Turmes. Die Fenster des Kirchenschiffes sind allesamt als hohe Rechteckfenster, deren Fensteröffnungen durch große Sandsteinquader umgeben sind, ausgeführt. Im Inneren fällt der Blick des Betrachters auf einen barocken, hochwertig gestalteten, recht schmalen Kanzelaltar. Der Kanzelkorb, getragen von einem Puttenkopf, der mit floraler Ornamentik umwundene Pilaster besitzt, wird von zwei großen floralen Schnitzwangen flankiert. Die Rechteckfelder des Kanzelkorbes sind schlicht weiß, die Schnitzwerke farblich abgehoben. In der Predella ist umwunden von einem Ölzweig das Bibelwort „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“ in Fraktur angebracht, flankiert von zwei beflügelten Puttenköpfen. Der flache Schalldeckel besitzt ein bekrönendes florales Schnitzwerk. Das Taufbecken ist aus hellem Sandstein und in seiner achteckigen Form mit neogotischer Zier eine Schöpfung des 19. Jahrhunderts.
Im Chorraum hat sich eine spätgotische, schlichte, spitzbogige Sakramentsnische erhalten. Rechts neben der Kanzel ist eine einfach gehaltene Pfarrloge angebracht. Die Holzdecke, die den Raum überspannt, ist muldenförmig und heute mit einem umlaufenden Zierband mit Akanthusmalereien versehen. Sie war einst als Symbol des Himmels in Blau gehalten. Die Empore umläuft in L-Form den Raum und besitzt flache Rechteckfelder mit einem dunklen Rahmen. Die Innenausstattung zeigt die schon am Orgelprospekt vorhandene Farbgebung in weiß mit hellgrünen und roten sowie dunklen Akzenten. Ihre Einheitlichkeit macht den Raum zu einem besonderen Erlebnis, das durch Helligkeit und Freundlichkeit geprägt ist. Es wäre sehr zu wünschen, dass diesem ehrlichen und erhabenen Raum eine weitere Zukunft beschieden ist.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter, ergänzt durch Informationen aus: W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964,
sowie Uwe Pape (Hrsg.): P. Furwängler & Hammer. Umfassendes Werkverzeichnis mit Dispositionen und Abbildungen (aus Orgeldatenbank ORDA) auf CD. Pape Verlag Berlin, Berlin 2013.
Kirchengeschichte: Johannes Richter, eigene Sichtung sowie Informationen der Herren Bröker und Wegeleben
Glockenvideo von J. Richter auf dem Youtube-Kanal JRorgel