Orgel: Petersberg / Wallwitz-Sylbitz – Chorturmkirche
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Gebäude oder Kirche
ChorturmkircheKonfession
EvangelischOrt
Petersberg / Wallwitz-SylbitzPostleitzahl
06193Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Orgelvorstellung 10 KOMPAKT – Wallwitz/Sylbitz, ev. Chorturmkirche
Wallwitz/Sylbitz (D-ST) – ev. Chorturmkirche – Anschlagen d. Glocke von 1200 und Geläut von Glocke I
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
1845 Vorhandensein einer Orgel, die eventuell nach 1822 in die Kirche kam.
1877 Vertragsschluss mit Rühlmann, der sich verpflichtete, gegen Annahme des alten Werkes eine Octave 2′ zu bauen.
Derzeitige Orgel
1876 Neubau einer vorderspieligen, einmanualigen mechanischen Schleifladenorgel mit fest eingebautem Speiltisch als Opus 23 durch Wilhelm Rühlmann (Zörbig) mit sieben Registern.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen zu Rüstungszwecken und Ersatz durch schwarze Tücher, der Orgelprospekt war damals weiß bemalt (siehe Fotos auf der Seite des Fördervereins).
Nach 1960 Leerstand der Kirche – Verschlechterung des Zustandes von Bauwerk und Orgel, folgend Beschädigung der Orgel und Pfeifenraub (einigePfeifen fanden sich später auf dem ehemaligen Kirchhof rund um die Kirche wieder).
2007 – 2009 Restaurierung und Rekonstruktion der Orgel durch Rainer Wolter (Zudar), dabei auch Einbau neuer Prospektpfeifen nach Rühlmann’schen Mensuren.
Die kleine Schleifladen-Orgel Opus 23 aus der Werkstatt Rühlmanns ist nicht nur aus technischer Sicht ein bemerkenswert durchdachtes Instrument, obgleich das Werk nur die Größe eines Kleiderschrankes aufweist. Eine ähnliche Orgel findet sich in der nicht minder beeindruckenden Kirche zu Plößnitz, unweit von Niemberg. Auch klanglich weiß die „kleine Königin“ ihrem Erbauer und dem Restaurator ein hervorragendes Zeugnis zu geben. Wohlüberlegt ist das Manual disponiert, aufgefächert in der Achtfußlage in Flöte (perlend, weich, singend), Gambe (Principalsubstitut, kraftvoll, sägend, obertonreich, aber nie grob) und Gedackt (warm, dumpf, tragend, füllig), ergänzt durch zwei helle, glitzernd-kraftvolle Principalstimmen zu 4′ und 2′. Die Klangkrone wird durch die helle Intonation der Octave 2′ ersetzt und noch weiter differenziert in eine freundlich-verspielte, helle Vierfußflöte. Alle Stimmen sind dabei untereinander in höchstem Maße mischbar, ohne dabei an Transparenz, Farbigkeit und Charakterstärke einzubüßen. Das Pedal mit einer einzigen Stimme, einem weit mensurierten Subbaß aus Kiefernholz, grundiert dabei warm und gediegen das Werk. So reduziert die Disposition aussehen mag, für den trockenen und schlichten Kirchenraum ist sie vollkommen ausreichend. Es fehlt nie an Klangkraft oder -fülle, noch an Abstufungen oder Farben, und dies bei nur 7 Stimmen! Daran mag man sich heute ein Beispiel nehmen – ebenfalls an der hervorragenden Traktur. Die Klangbeispiele in der Vorstellung mögen ein Übriges dazu sagen.
Disposition
Manual C – f“‘Viola di Gamba 8.‘ Flauto trav. 8.‘ Gedackt 8.‘ Principal 4.‘ Flauto amab. 4.‘ Octave 2.‘ |
Pedal C – d‘Subbaß 16.‘ |
Spielhilfen
Als Registerzug rechts außen: Pedal Coppel.
Gebäude oder Kirchengeschichte
Um 1200 Errichtung der Kirche auf einer Anhöhe im Ort als Chorturmkirche mit rechteckigem Kirchenschiff und halbrunder Apsis.
13. Jahrhundert Guss der heutigen kleinen Glocke
1260 erstmalige Erwähnung von Ort („Sulwitz“) und Kirche in einer Kaufurkunde von Ackerland. Die Kirche war damals bereits Pfarrkirche.
Um 1550 Guss der heutigen großen Glocke, Schlagton: e“, durch einen unbekannten Gießer.
17. Jahrhundert Vergrößerung der Fenster auf der Südseite, Einbau von Kanzel, Altar und Gestühl.
1684 Einbau der Empore
1863 Abriss der ehemaligen Leichenhalle und Neubau der heutigen Eingangshalle.
1951 Neuverputz des Innenraums, dabei leider Übermalung von Resten romanischer Malereien im Altarbereich.
Nach 1960 Leerstand der Kirche und Verfall, dabei verschwand u.a. der barocke Altaraufsatz spurlos – die Kirche wurde durch Plünderung und Vandalismus in Mitleidenschaft gezogen.
2001 erste Andacht in der Kirche nach Jahrzehnten Leerstand.
2001 Gründung des Fördervereins – in den folgenden Jahren schrittweise Sanierung des Bauwerkes.
Die Chorturmkirche Sylbitz nimmt im Saalekreis aufgrund ihrer eher im thüringisch/fränkischen Raum verbreiteten Bauweise mit dem Turm im Osten (nicht im Westen) eine Sonderstellung ein. Im Westen wäre so ein mächtiger Turm aufgrund des abfallenden Hanges wohl statisch nicht möglich gewesen. Bemerkenswert ist weiterhin, dass das Bauwerk über die Jahrhunderte bis auf die Fenster kaum verändert worden ist und so zahlreiche architektonische und künstlerische Schätze bietet. Das Gotteshaus zeigt sich als rechteckiger, einschiffiger Kirchsaal mit eingezogenem Turm über dem Chor und halbrunder Apsis – Turm und Schiff dabei von Satteldächern bekrönt. Der Innenraum, ehemals stufenweise erhöht, heute durch einen Holzboden begradigt, wird durch eine flache, schlichte Balkendecke überwölbt. Das Licht fällt im Norden und in der Apsis durch romanische, im Süden durch weite, barocke Halbbogenfenster und erzählt damit von der Geschichte des Bauwerkes. Bemerkenswert im äußerst schlichten Inneren sind der Triumphbogen, dessen ehemalig vorhandene Triumphkreuzgruppe mittlerweile verschollen ist, sowie der große Altar mit Altarmensa samt Weihekreuzen und Sepulcrum für Reliqiuen aus der Erbauungszeit der Kirche. Daneben findet sich im Norden ein schlichtes spätgotisches Sakramentshäuschen. Der große Taufstein dürfte ebenfalls aus der Erbauungszeit oder dem 13. Jahrhundert stammen. Bemerkenswert ist weiterhin eine aus einem einzigen Baumstamm gefertigte Truhe mit kunstvollen Beschlägen. Die den Raum umrahmende L-förmige Empore, das schlichte Gestühl und die ebenso schlichte polygonale Kanzel entstammen späterer Zeit. So zeigt sich der Raum heute als erhaben, schlicht und heilig.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter – ergänzt durch mündliche Informationen von Mitgliedern aus dem Förderverein sowie W. Stüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964
Kirchengeschichte: Webseite des Fördervereins Chorturmkirche Sylbitz e.V.
Videos von Johannes Richter auf dem Youtube-Kanal JRorgel