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Orgel: Osterburg – St. Nicolai (Kleine Orgel)

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Gebäude oder Kirche

Stadtkirche St. Nicolai

Konfession

Evangelisch

Ort

Osterburg

Postleitzahl

39606

Bundesland / Kanton

Sachsen-Anhalt

Land

Deutschland

Bildergalerie + Videos



Bildrechte: Datenschutz

Orgelgeschichte

1860 wurde die Orgel für die Dorfkirche Rohrbeck bei Iden/Altmark neu erbaut als einmanualiges Werk I/6 durch einen unbekannten Erbauer – I/7 wären ebenfalls möglich, dafür sprechen die Öffnungen im Spielschrank, heute teils anders genutzt.
1917 Abgabe der Prospektpfeifen aus Zinn.
1930er Jahre Einbau eines Pedals.
Um 1975 Ankauf der Orgel durch die Ev. Kirchengemeinde Osterburg, federführend war Pfr. Norbert Kruppke
1970er Jahre Überführung nach Osterburg, dabei wurden das Pedal und das Pedalregister Subbass 16′ ausgebaut sowie die Pedalkoppel und die Orgel als Positiv ohne Pedal mit einem durch Pfr. Kruppke geschaffenen Prospekt/Gehäuse als Chor- und Continuo-Orgel in der Kirche aufgestellt.
2021 die Orgel ist gleichstufig gestimmt und befindet sich frei beweglich in der Kirche – die Windmaschine befindet sich im Untergehäuse des Werkes.

Die kleine Orgel von St. Nicolai in Osterburg ist ein organologisch hoch interessantes Instrument, auch wenn Mancher dies nicht zu erkennen vermögen wird, da dies intensive Auseinandersetzung mit dem Werk voraussetzt. Das Instrument war einst eine kleine Dorforgel mit Pedal, wie man sie oft in der Altmark findet – ein solides mechanisches Werk für die Gestaltung der Liturgie. Pfarrer Norbert Kruppke ließ das Werk in den 1970er Jahren in die Kirche umsetzen, baute es um und versah es mit einem neuen Prospekt mit drei Flachfeldern – die seitlichen sind dabei harfenartig geschwungen, im Mittelfeld setzen fünf Kupferpfeifen einen Kontrast zu der grünen marmorierten Farbe des sonstigen Gehäuses. Ein rotes Zierband mit marmorierter Farbe setzt einen die Breite des Prospektes betonenden Akzent.
Schleierbretter indes fehlen, sodass die Schaufront dem Betrachter als eine ehemals Barocke erscheint – dem ist so jedoch nicht – das Gehäuse besteht aus schlichten Pressspanplatten, die nach außen hin in barocker Manier farbig gefasst sind. Auch die Seiten des flachen Gehäuses sind mit hellen Rechteckfeldern verziert. Der Spielschrank der Orgel befindet sich frontal am Werk und besitzt heute keine Türen mehr, die Registerzüge befinden sich links und rechts des Notenpultes und weisen heute Papierschilder mit handschriftlicher Beschriftung in Filzstift und Druckschrift auf. Einst besaß das Werk 6 oder gar 7 Register, drei heute nicht mehr belegte Öffnungen vom selben Maße wie die der Registerzüge beweisen, dass einst hier, wie um 1860 typisch, acht in perfekter Symmetrie angeordnete Registerzüge vorhanden waren. Ein weiterer Hinweis für das Pedal gibt das kleine Wellenbrett im Untergehäuse, welches eindeutig zum einstigen Pedal gehörte, welches den Umfang C-c‘ besaß. Die Klaviatur der heutigen Orgel ist moderner Bauart, behielt aber den Umfang C-c“‘ der alten Windlade bei.
Das heutige Wellenbrett des Pedals ist ein Ersatz für ein Früheres: Das Grundbrett ist aus anderem Holz gesägt und anders bearbeitet als das alte Wellenbrett des Manuals, zudem verläuft die Traktur aus Draht in Aluminiumhülsen – eine Bauweise, die sich bei Sauer ab den späten 1930er Jahren, z.B. im Schlesischen Konvikt in Halle findet.
Hinter der Schaufront befindet sich eine Windlade, als Schleiflade gebaut. Jene wird über ein Wellenbrett angesteuert, ein weiteres Wellenbrett befindet sich hinter dem Vorsatzbrett im Untergehäuse, dort wo einst das Pedal sich befand. Die Stelle des Pedaleinschubes ist durch ein dunkles Holzbrett auch heute noch eindeutig zu erkennen.
Der Motor befindet sich ohne Balg im Untergehäuse. Das Pfeifenwerk zeigt sich als bunt zusammengestellt – das Gedackt 8′ besteht aus halbrund aufgeschnittenen Zinkpfeifen mit sehr hohen Aufschnitten, die drei größten Pfeifen sind hinten liegend abkonduktiert. Der Rest des Pfeifenwerkes besteht aus Zinn, fünf Pfeifen des sehr schmal mensurierten Principal 2′ bestehen aus Kupfer. Hier wurden also Raum, Zeit und Finanzen entsprechende Lösungen gesucht und gefunden. Trotz der Heterogenität des Pfeifenwerkes ist das Klangbild recht harmonisch, aber doch deutlich neobarock – das Gedackt 8′ ist füllig und tragfähig, aber etwas quintierend, die Rohrflöte hell, etwas spuckend, aber perlend und klangvoll. Der Prinzipal 2′ ist etwas hart in der Ansprache, scharf, hell und glitzernd – die Quinte 1 1/3′ flötig-weich und hell leuchtend. Die Zimbel gibt im Diskant große, silbrige Strahlkraft und verleiht dem kleinen Werk einen Hauch von „großer Orgel“. Für barocke Manualiterwerke und auch neobarocke Musik ist die Orgel ideal geeignet, auch als Continuo-Werk tut sie gute Dienste. Das Wechselspiel mit dem dunkel-erdigen Klang der großen Buchholzorgel ist reizvoll, auch wenn die Stimmtonhöhen leicht differieren.
Das kleine Werk ist ein durchaus brauchbares, gutes Instrument, und schmückt mit seinem kantigen Prospekt den gotischen Raum schon im Stummen klingend aus.

Disposition

Manual C – c“‘

Gedackt 8′ (C-D Zink, horizontal, abkonduktiert, ab D# Zink)

Rohrflöte 4′ (Zinn, durchg. Rohrflöte)

Prinzipal 2′ (C-E Kupfer, Prospekt offen, ab F Zinn, Prospekt, offen)

Quinte 1 1/3′ (Zinn, konisch, offen)

Zimbel 2 fach [ab c‘, durchg. Zinn, offen]

 

Spielhilfen

keine Spielhilfen vorhanden

Gebäude oder Kirchengeschichte

10. Jahrhundert Bau des Turms bzw. seiner Untergeschosse als Wehr- und Fluchtturm mit angefügter Holzkirche.
1188 Stiftung der Pfarrkirche St. Nicolai.
12. Jahrhundert Ersatz des Holzbaus durch eine kreuzförmige, dreischiffige romanische Feldsteinbasilika – diese war um 3° von der Achse des Turms abweichend angefügt, sodass die Sonne am 25.März – dem Fest der Verkündigung des Herrn – genau in die Kirche schien.
1342 Bau des Westportals (heute nicht mehr genutzt, da das Niveau der Kirche nach dem Hochwasser 1342 stark absank – das Portal liegt zu etwa zwei Dritteln im Boden).
Nach 1342 (sintflutartiges Hochwasser) Beginn des Baus der heutigen gotischen Hallenkirche in Backsteinbauweise, die nur wenig breiter als der romanische Bau war.
1366 Anschluss Osterburgs an das Kloster Krevese.
1369 Stiftung eines Altars für die Kirche.
1484 Stiftung der Allerheiligenkapelle (heute Sakristei)
Ende 15. Jahrhundert Bau des heutigen asymmetrischen gotischen Umgangschors mit drei Apsiden.
1538-41 Einzug der Reformation in Osterburg.
1614 Bau einer Magistratsempore auf der Nordseite.
1648 Schädigung der Kirche durch Plünderungen im 30jährigen Krieg.
1714 Instandsetzung der Kirche.
1761 Schädigung der Kirche durch Stadtbrand – die Turmspitze aus gotischer Zeit sowie die Innenausstattung wurden weitestgehend zerstört.
Nach 1761 Neue Innenausstattung, sowie ein neuer Turmaufsatz mit Laterne.
1890 Erneuerung der Innenausstattung im neogotischen Stil.
1917 Abgabe der Glocken und Prospektpfeifen der Orgel zu Rüstungszwecken.
Um 1925 Guss dreier neuer Glocken durch Schilling&Lattermann aus Eisenhartguss.
1953 – 1957 Sanierung des Innenraums, dabei Entfernung der neogotischen Ausstattungsstücke.

Die Nicolaikirche in Osterburg, heute das älteste Bauwerk des Ortes, zeigt sich als dreischiffige Hallenkirche in Backsteinbauweise mit angeschlossenem Westquerturm, dessen untere Turmgeschosse aus Feldsteinen noch aus romanischer Zeit stammen – ebenso wie Teile des Mauerwerkes des Kirchenschiffes sowie Teile der dreifach getreppten Strebepfeiler. Der Turm trägt eine aus Ziegeln gefertigte Glockenstube mit spitzbogigen Schallöffnungen sowie eine nach 1761 entstandene Haube mit spitz zulaufender Laterne. Die Wände sind von hohen spitzbogigen und dreigeteilten Fenstern durchbrochen. Der umlaufende, asymmetrische Chor ist dreiabsidial ausgeführt und umspannt zwei der Kirchenschiffe. Alle drei Kirchenschiffe sind dreiseitig geschlossen – auch der Chor besitzt hohe Spitzbogenfenster. Das schlicht weiträumige und hell-weiße Innere mit in roten Ziegeln abgesetzten Gewölbestreben ist ganz im puristischen Stil nach der Restaurierung in den 1950er Jahren gehalten und wird durch Formen der Romanik und Gotik dominiert. Fünf Joche überspannen das Kirchenschiff, das Vierungsquadrat ist deutlich abgehoben und heute durch gotische Spitzbögen umrahmt. Auch der Chor besitzt Kreuzgewölbe gotischer Art. Die Pfeiler der Joche sind dabei im unteren Teil aus Feldsteinen gebaut, weiter oben aus Ziegeln. Auf der Nordseite findet sich die heute im den Innenraum farblich gliedernden Dunkelgrün gehaltene Magistratsempore neben der Sakristei. Der ehemals neogotische Altar aus der Werkstatt für Kirchliche Kunst Kuntzsch in Wernigerode wich beim letzten Umbau einem schlichten, lebensgroßen Kruzifix aus dem 15. Jahrhundert nebst ebenso schlichtem Altartisch neueren Datums. Auch die Bänke (ohne Mittelgang) sind in gedeckt grüner Farbfassung gehalten – es entsteht in Korrespondenz mit der weißen Wandfassung ein interessanter Kontrast aus dunkel-irdischem sowie hell-aufwärtsstrebendem Himmlischen. Auch die auf der Südseite des breiten Hauptschiffes angebrachte Kanzel stammt (wie das Kruzifix) nicht aus Osterburg, sondern wurde aus der Marienkirche Salzwedel nach Osterburg überbracht. Die Kanzel ist in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden und aus Holz gefertigt. Die fußlose Kanzel zeigt im unteren Teil ein umlaufendes Schriftband, darüber durch Säulen getrennte Flachfelder, welche teilweise biblische Sprüche enthalten. Auch der Schalldeckel trägt neben dem Treppenfries ein umlaufendes Schriftband und im Schalldeckel eine durch Putten umrahmte Darstellung der durch Wolken brechenden Sonne. Sie ist mit ihrer gedeckten Farbgebung ein interessanter Kontrapunkt an der sonst weißen Wand des Kirchenschiffes. Im Westen befindet sich auf einer die ganze Breite des Kirchenschiffes durchmessenden Empore die Orgel, deren prachtvoller, teilweise mit Gold und Putten verzierter Prospekt den Raum beherrscht und dominiert. Durch die helle Schlichtheit in Verbindung mit der Farbfassung des Prospektes gerät das musikalische Gotteslob weiter in den Vordergrund. Die Osterburger Kirche mit ihrer puritanischen, auf die reinen Formelemente reduzierten Architektur, schafft einen hellen, weiten und erhabenen Gottesdienstraum mit einer für Orgel und Chor gleichsam idealen Akustik, welche oft zu Konzert und Andacht genutzt wird und dem Interessierten und Reisenden als eines der großen gotischen Bauwerke der Altmark herzlichst anempfohlen sein darf.

Anfahrt

Quellenangaben


Orgelbeitrag erstellt von:

Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter, 03.07.2021
Orgelgeschichte: Johannes Richter, Sichtung vor Ort 3.7.2021, ergänzt durch Informationen von Kreiskantor F. Lessing in einer Mail vom 20.12.2021
Kirchengeschichte: Kirchengeschichte: Festschrift „Die Stadtkirche St.Nicolai zu Osterburg und ihre Buchholzorgel, Hrsg. Förderverein Buchholzorgel Osterburg e.V. 2016, Wikipedia mit Informationen basierend auf Angaben von Dehio und Mario Titze.

Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Kreiskantor Friedemann Lessing, dem ein herzlicher Dank dafür gebührt.

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