Orgel: Lutherstadt Wittenberg / Altstadt – Schlosskirche (Große Orgel)
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Gebäude oder Kirche
SchlosskircheKonfession
EvangelischOrt
Lutherstadt Wittenberg / AltstadtPostleitzahl
06886Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Ansichten von außen
Innenraum
Altar und Altarraum
Kanzel
Buntglasfenster
Pfeilerfiguren
Prospekt Große Orgel
Spieltisch Große Orgel
Inneres Große Orgel
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
Um 1450 sind erste Orgeln in der Schlosskirche überliefert, errichtet wohl von Burkhard Dinstlinger/Breslau, er wird hier nur als Meister Burkert genannt.
1506 Arbeiten an den Gehäusen der Orgeln.
1507 Überholung der kleinen Orgel durch Blasius Lehmann.
1596 Reparatur beider Orgeln durch Christoph Voigt.
1663 Dokumentation der kleinen Orgel durch Orgelbauer Valentin Mauckisch/Dresden.
1714 wird berichtet, dass eine Orgel mit 17 Stimmen mit den Pfeifen der anderen, unbrauchbaren Orgel ausgebessert wird. Desweiteren wird erwähnt, dass neue Bälge statt der acht alten Bälge erbaut werden. Die Orgel besaß 17 Stimmen auf zwei Manualen und Pedal. Sie soll durch Orgelbauer Vierdanck errichtet und durch Johann Gottfried Bromme repariert worden sein.
13. Oktober 1760 beim Beschuss Wittenberg werden beide Orgeln zerstört.
1. Juni 1765 der Orgelbauer Johann Ephraim Hübner/Düben legt zwei Kostenvoranschläge mit 42 und 34 Registern vor. Der kleinere Dispositionsentwurf beinhaltet ein drittes Manual, von welchem aus ausschließlich ein Glockenspiel angespielt wird.
1765 Bewerbung des Orgelbauers Johann Ernst Hähnel um den Orgelneubau.
Oktober 1765 weiterer Kostenvoranschlag von Orgelbauer Hübner über eine zweimanualige Orgel mit 37 Stimmen für 6000 Reichsthaler.
1768 Beginn der Aufstellung der Orgel in der Kirche – mechanische Schleifladenorgel II/37.
1770 ist die Orgel fertig und wird gestimmt.
Oktober 1771 Prüfung der Orgel durch Johann Georg Röllig/Zerbst und Johann Gottlob Anton/Kolochau. Dabei werden einige Abweichungen und Mängel der Orgel festgestellt.
1781 wird in den Akten vermerkt, dass der Orgelbauer noch 600 Reichsthaler Zahlung erhalten muss.
1783 erneute Prüfung der Orgel durch Johann Andreas Gast/Wittenberg, Johann Gottlieb Encke/Luckenwalde und Christian Gottlob Kunath/Wittenberg (Nachfolger Hübners). Die Orgel wird als überaus gelungen bezeichnet.
1850 wird Carl Stein Organist an der Schlosskirche, er fordert eine neue Orgel.
1858 Bericht durch Friedrich Ladegast/Weißenfels über den Zustand der alten Orgel. Ladegast schlägt einen Neubau mit 35 Stimmen im alten Gehäuse vor.
1858 Vorschlag des königl. Orgelrevisors August Wilhelm Bach, dass die Orgel auf 39 Stimmen auf drei Manualen erweitert werden solle.
1863 Beginn der Aufstellung der Orgel in der Kirche durch Ladegast.
1864 Vollendung der neuen Orgel durch Friedrich Ladegast – mechanische Schleifladenorgel III/39. Da die Orgel gleichzeitig als Anschauungsobjekt für das Predigerseminar diente, wurden die einzelnen Pfeifen und wichtige Teile der Orgel mit Beschriftungen versehen, die auch heute teilweise noch vorhanden sind. Die Windladen des Pedals waren bereits bis f‘ vorbereitet, wurden aber nur bis d‘ besetzt.
13. Mai 1864 Abnahme der Orgel – Musikdirektor Stein äußert sich begeistert über das neue Werk. Ladegast hat interessanterweise auch die Pauken des alten Werkes mit Tritten am Spieltisch gangbar gemacht.
1892 Abbruch des alten Barockprospektes, ein neuer Prospekt wird errichtet, die Orgel erhält eine Barkermaschine, pneumatische Registertraktur sowie drei Kollektivtritte.
31. Oktober 1892 Einweihung der erneuerten Orgel mit dem heutigen Prospekt.
1934 Bericht des Organisten Adolf Wieber über die Orgel – Wieber vertritt die Meinung, dass die Orgel dringend zur „Bach-Orgel“ umgestaltet werden müsse. Er schlägt die Firma Sauer/Frankfurt a.d.Oder vor.
1935 Umbau und Erweiterung der Orgel durch Fa. Sauer als Op.1514: Einbau von elektropneumatischen Taschenladen und eines neuen elektrischen Spieltisches, Übernahme von 26 Stimmen. Geplant waren 56+2 Stimmen. Es entstand eine elektropneumatische Orgel III/48+2. Acht Stimmen wurden nie gebaut. Die Klaviaturumfänge wurden bis a“‘ erweitert und die neuen Pfeifen auf Zusatzladen gestellt.
nach 1950 stellt sich heraus, dass die „neue Orgel“ vor allem technisch durch die Kombination der Systeme Schleiflade-Taschenlade nicht befriedigend war und zu Ausfällen und Störungen neigte.
Ab 1979 erste Überlegungen für eine Reparatur der Orgel
Ab 1985 Planungen für Rekonstruktion und Erweiterung der Orgel.
1985 Besichtigung der Orgel durch Fa. Eule/Bautzen, dabei wurde ein hoher Anteil an Originalsubstanz in der Orgel festgestellt.
1985/86 Festlegung der Konzeption der Ladegast-Orgel plus großes Schwellwerk. Die Orgel soll mechanische Trakturen erhalten.
bis 1994 Restaurierung, Erweiterung und Rekonstruktion der Orgel durch Fa. Eule/Bautzen – mechanische Schleifladenorgel IV/57, Op.600 der Fa. Eule.
31. Oktober 1994 festliche Einweihung der Orgel.
2016 Nachintonation, Stimmung und Reinigung durch Fa. Eule
Disposition
Disposition 2022 (ab 1994)
Manual I – Oberwerk C – f“‘Lieblich Gedackt 16′ (ab C) Principal 8′ Gedackt 8′ Flauto traverso 8′ Salicional 8′ Octave 4′ Fugara 4′ Waldflöte 2′ Progressio harmonica 2-4fach (C 2fach 2′, ab c° 3fach, ab c‘ 4fach, rep. g‘, c“) Hautbois 8′ (durchschl., ab f#“ aufschl.)
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Manual II – Hauptwerk C – f“‘Principal 16′ Bordun 16′ Principal 8′ Hohlflöte 8′ Rohrflöte 8′ Gemshorn 8′ Octave 4′ Spitzflöte 4′ Quinte 2 2/3′ Octave 2′ Mixtur 4-5fach 2′ (ab c° 5fach, rep. f#°, c‘, c“, ab d“ 4f., ab c“‘ 3f.) Cornett 2-4fach (ab C, ab c° 3fach, ab c‘ 4fach, ab f#“ 3f. ohne Terz!) Trompete 8′ (aufschl.)
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Manual III – Schwellwerk C – f“‘Viola d‘ amour 16′ (ab C) Flöten-principal 8′ Bordun 8′ Quintatön 8′ Gambe 8′ Unda maris 8′(C-H aus Bordun 8′, ab c° Schwebung) Konzert-flöte 4′ Salicet 4′ Nasat 2 2/3′ Flautino 2′ Terz 1 3/5′ Harmonia aetheria 2-3fach (2′, ab G 3fach, rep. c°, c‘, c“, c“‘) Mixtur 4-5fach 1 1/3′ (1 1/3′, ab c° 5fach, rep. c‘, c“, ab c“‘ 4fach) Fagott 16′ Trompette harmonique 8′ Oboe 8′ (aufschl.) Clarine 4′
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Manual IV – Echowerk C – f“‘ (schwellbar)Viola di Gamba 8′ (C-H gedeckt, ab c° offen) Fugara 8′ (C-H mit Viola di Gamba) Flauto amabile 8′ (C-H gedeckt, ab c° offen) Flauto dolce 4′ Viola d’amour 4′
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Pedal C – f‘Untersatz 32′ Principal-baß 16′ Subbaß 16′ Violon 16′ Octavbaß 8′ Baßflöte 8′ Violoncello 8′ Quintbaß 5 1/3′ Octavbaß 4′ Posaune 16′ (aufschl.) Trompete 8′ (aufschl.)
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Disposition nach dem Umbau durch Fa. Sauer 1935 (Op.1515, bis 1994) gemäß Orgelführer/Festschrift
Manual I – Hauptwerk C – a“‘Prinzipal 16′ Bordun 16′ Prinzipal 8′ Hohlflöte 8′ Gemshorn 8′ Oktave 4′ Rohrflöte 4′ Quinte 2 2/3′ Oktave 2′ Mixtur 4-5fach Cornett 2-4fach Trompete 8′
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Manual II – Oberwerk C – a“‘Lieblich Gedackt 16′ Prinzipal 8′ Gedackt 8′ Rohrflöte 8′ (aus HW) Salicional 8′ Oktave 4′ Spitzflöte 4′ (aus HW) Nasard 2 2/3′ Waldflöte 2′ Progressio 2-4fach Sifflöte 1′ Zimbel 3fach Rankett 16′ Krummhorn 8′
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Manual III – Schwellwerk C – a“‘Lieblich Gedackt 8′ Gemshorn 8′ Quintatön 8′ Flauto traverso 8′ Dolce 8′ Prinzipal 4′ Viola d’amour 4′ Flauto dolce 4′ Quinte 2 2/3′ Blockflöte 2′ Terz 1 3/5′ Scharf 4fach Dulcian 16′ Oboe 8′ Saarschalmei 4′
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Pedal C – f‘Untersatz 32′ Prinzipalbaß 16′ Violon 16′ Subbaß 16′ Lieblich Gedackt 16′ (Tr. II) Oktavbaß 8′ Baßflöte 8′ Violoncello 8′ Quintbaß 5 1/3′ Oktavbaß 4′ Flachflöte 2′ Rauschpfeife 4fach Posaune 16′ Dulzian 16′ (Tr.III) Tromba 8′ Sing. Cornett 2′
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Kursiv beschriftete Register waren geplant, wurden aber nie ausgeführt.
Ladegast-Orgel 1864 gemäß Orgelführer
Manual I – Oberwerk C – f“‘Gedackt 16′ Principal 8′ Lieblich Gedackt 8′ Flauto traverso 8′ Salicional 8′ Octave 4′ Fugara 4′ Waldflöte 2′ Progressio 2-4fach Oboe 8′ (durchschl.)
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Manual II – Hauptwerk C – f“‘Principal 16′ Bordun 16′ Principal 8′ Hohlflöte 8′ Rohrflöte 8′ Gemshorn 8′ Octave 4′ Spitzflöte 4′ Quinte 2 2/3′ Octave 2′ Mixtur 4-5fach Cornett 2-4fach Trompete 8′ (aufschl.)
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Manual III – Echowerk C – f“‘ (schwellbar)Flauto amabile 8′ Gedackt 8′ Viola di Gamba 8′ Fugaro 8′ Flauto dolce 4′ Viola d’amour 4′
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Pedal C – d‘Untersatz 32′ Principalbaß 16′ Violon 16′ Subbaß 16′ Octavbaß 8′ Baßflöte 8′ Violoncello 8′ Quintbaß 5 1/3′ Octavbaß 4′ Posaune 16′ (aufschl.)
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Hübner-Orgel 1765 gemäß Orgelführer
Manual I – Haupt Clavier C – c“‘Principal 16′ Quintadena 16′ Flauta major 8′ Flaut travers 8′ Rohrflöte 8′ Violdigamba 8′ Praestanda 4′ Floeta minor 4′ Gemshorn 4′ Quinta 3′ Octava 2′ Sesquialtera 2fach Mixtur 4fach Trompeta 8′
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Manual II – Ober Clavier C – c“‘Pordun 16′ Principal 8′ Grobgedackt 8′ Quintadena 8′ Undamaris 8′ Octava 4′ Spitzfloete 4′ Grobgedackt 4′ Nassat 3′ Octava 2′ Suff. Flöte 1′ Mixtur 3fach Cornet 3fach Vox humana 8′
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Pedal C – c‘Untersatz 32′ Principal 16′ Subbaß 16′ Principal 8′ Violon 8′ Posaune 16′ Trompeten Baß 8′
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Spielhilfen
Ladegast-Eule-Orgel ab 1994 (=2022)
Als Registerzüge rechts, den jeweiligen Werken zugeordnet: Tremulant [OW], Koppel III-I, Koppel I-P, Koppel II-P, Koppel III-P
Als Registerzüge links, den jeweiligen Werken zugeordnet: Tremulant [SW], Koppel I-II, Koppel III-II
Als Fußtritte aus Messing über dem Pedal links, wechselwirkend mit Zügen, von links: III-II, III-I, I-II, III-Ped., II-Ped., I-Ped.
Mittig über dem Pedal als Balanciertritte: Schwellwerk [links], Echo [rechts] – Balanciertritte für Jalousieschweller III und IV
Als Fußtritte aus Messing rechts über dem Pedal, nicht einhakbar, von links: Kollektivtritt HW.Ped. AN [Forte HW und Pedal mit Zungen], Kollektivtritt HW.Ped. AB, Kollektivtritt SW AN [Zungen 16-8-4], Kollektivtritt SW AB
Sauer-Op.1514 (Umbau der Orgel 1935 bis 1994) gemäß Festschrift/Orgelführer
Normalkoppeln II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P, 4 freie Kombinationen, Tutti, Walze, Zungeneinzelabsteller, Walze an/ab, Tremulant II, Tremulant III, Balanciertritt für SW
Ladegast-Orgel 1864 gemäß Orgelführer
Koppel I/II, III/II, I/P, Sperrventile für alle Werke, Löffeltritt zum Einhaken für Jalousieschweller III, vier Fußtritte zu den Pauken im Prospekt [1892 aufgegeben]
Gebäude oder Kirchengeschichte
Um 1340 Errichtung einer ersten Kapelle für das Schloss des Askanier-Herzoges Rudolf I. Die Kapelle trug das Patrozinium Aller Heiligen.
1496 im Zuge des Schlossneubaus unter Friedrich dem Weisen Anfügung der Kirche als Nordflügel des Schlosses, der Entwurf stammt von Konrad Pflüger.
1499 Fertigung der Nordtür.
17. Januar 1503 Weihe der Kirche.
1507 wird die Kirche Universitätskirche der Leucorea [Uni Wittenberg].
1508 Fertigstellung der Einwölbung der Kirche.
1525 erster evangelischer Gottesdienst in der Schlusskirche.
1546 wird Martin Luther in der Kirche begraben.
1550 wird Philipp Melanchthon in der Schlosskirche begraben.
1760 brennt die Kirche durch den siebenjährigen Krieg aus.
1770 Fertigstellung des Wiederaufbaus.
1814 Schäden an der Kirche durch die Befreiungskriege, die Innenausstattung geht weitgehend verloren.
1817 wird die Kirche dem Predigerseminar Wittenberg als Kirche übergeben.
1832 Fertigung des Taufsteins aus Eisenguss nach einem Entwurf von Friedrich Schinkel.
1845 Aufstellung zweier Figuren über dem Nordportal nach Entwürfen von Friedrich Drake.
1858 Stiftung und Fertigung der neuen Thesentür.
1883 Beginn eines großen neogotischen Umbaus der Kirche unter Architekt Friedrich Adler.
1892 Vollendung des Umbaus. Der Innenraum wurde nach historischen Aufzeichnungen neu gestaltet und eine neue Haube auf den Kirchturm aufgesetzt.
31. Oktober 1892 Einweihung der neuen Kirche unter Anwesenheit des Kaisers Wilhelm II.
1949 Gründung der Schlosskirchengemeinde, die die Kirche neben dem Predigerseminar nutzt.
1960 Guss der drei Glocken (h°-d‘-e‘) durch Gießerei Schilling/Apolda.
1983 Weihe von 12 Buntglasfenstern der Künstlerin Renate Brömme/Halle.
1999/2000 Sanierung des Dachstuhls, Neueindeckung des Daches.
Bis 2017 (Reformationsjubiläum) Sanierung der Kirche für 8,2 Millionen Euro.
2016 Verkauf der Kirche vom Land Sachsen-Anhalt an die EKD für den symbolischen Preis von 1 €.
2019 Einführung eines Eintrittspreises zur Erhaltung der Kirche.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter, Sichtung und Spiel, ergänzt durch Informationen aus: Die Orgeln in der Schlosskirche zu Wittenberg. Evangelisches Predigerseminar Wittenberg (Hrsg.), 2. Auflage 2018
Kirchengeschichte: Beitrag zur Kirchengeschichte auf der Webseite der Schlosskirche, abgerufen am 15. August 2022
Historische Dispositionen in: Die Orgeln in der Schlosskirche zu Wittenberg. Evangelisches Predigerseminar Wittenberg (Hrsg.),
2. Auflage 2018, S. 12f., S.17f., S.21
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung von Schlosskirchenkantor Th. Herzer.