Orgel: Landsberg / Oppin – St. Georg und St. Elisabeth
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Gebäude oder Kirche
St. Georg und St. ElisabethKonfession
EvangelischOrt
Landsberg / OppinPostleitzahl
06188Bundesland / Kanton
Sachsen-AnhaltLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Glockenvideo – Landsberg/Oppin (D-ST) – Ev.Dorfkirche St.Georg und St.Elisabeth – Vollgeläut – Kanal JRorgel
Bildrechte: Datenschutz
Orgelgeschichte
1702 Neubau einer Schleifladenorgel I/11 mit 4′-Prospekt durch Heinrich Tiensch/Löbejün
1799 Pflege durch Johann Gottfried Kurtze/Halle
1815-1842 diverse Revisionen der Orgel durch Friedrich Wilhelm Wäldner/Halle
1848 Neubau einer zweimanualigen Schleifladenorgel mit 18 Registern durch Friedrich Wilhelm Rühlmann (Zörbig) als Opus 2.
1889 Reparatur der Orgel durch August Ferdinand Wäldner/Halle
1928 Verlust der Orgel beim Kirchenbrand.
Derzeitige Orgel
1929 Neubau einer pneumatischen Kegelladenorgel durch Wilhelm Rühlmann (Zörbig) als Opus 436 als vorderspieliges Werk mit 17 Registern (15 + 2 Transmissionen) auf zwei Manualen und Pedal mit mittig angebautem Spieltisch.
1999 Restaurierung der Orgel.
2005 Reparaturen am Instrument.
Zur Zeit (Stand 2021) ist das Instrument nur mit Ausfällen spielbar.
Die Rühlmann-Orgel Opus 436 in Oppin zeigt sich als Zeitzeuge des Umbruchs der auslaufenden Romantik hin zur Orgelbewegung, der Rühlmann zum Teil nicht unaufgeschlossen gegenüber stand. So verkörpert die Oppiner Orgel Elemente beider Strömungen: reiche Grundstimmen aller Facetten von Principal über Flöten, Gedackte, hin zu einem Streicher, differenziert auch in der Vierfußlage in Flöten, Octave und einen eher streichend intonierten Principal im Schwellwerk – ebenfalls aus der Romantik entlehnt. Ebenso wie die Grundierung des Hauptwerkes auf 16′-Basis und das automatische Pianopedal, welches beim Betätigen eine Piano-Registrierung im Pedal abruft, sobald aufs 2. Manual gewechselt wird. Aus der „neuen“ Epoche entnommen sind dagegen eher „barocke“ Stimmen wie Quintadena, Octave 4′ im Pedal und Sesquialtera, sowie Neuschöpfungen wie die Schwiegelpfeife. Durch die Sesquialtera erhält das Schwellwerk auch einen Mixtur-Charakter und damit einen Gegenpart zum HW, durch die Superoktavkoppel im Glanz noch steigerungsfähig. Das Pedal ist derweil (durch eine Transmission) auch cantus-firmus-fähig in der 4′-Lage, in der Spanne erweitert durch eine weitere Transmission eines leisen 16′ zur Begleitung des geschlossenen Schwellwerkes. Die einzelnen Stimmen zeigen sich dabei kraftvoll, aber nicht grob oder hart, durchwegs mischfähig und charaktervoll, edel und warm, das volle Werk ist strahlend, aber nicht spitz oder grell, stets golden und gravitätisch. Die Orgel ist damit, trotz des eher wenig befriedigenden Zustandes, ein wichtiges Zeugnis des Epochenübergangs und der gelungenen Symbiose aus Romantik und Orgelbewegung.
Disposition
I – Hauptwerk C – g“‘Gedackt 16′ Principal 8′ (Zink, teilw. Prospekt) Hohlflöte 8′ Quintadena 8′ Octave 4′ Mixtur 4fach 2′ |
II – Schwellwerk C – g“‘Gedackt 8′ Traversflöte 8′ Viola alta 8′ Principal 4′ Spitzflöte 4′ Schwiegelpfeife 2′ Sesquialtera 2 2/3′ u. 1 3/5′ |
Pedal C – f‘Subbaß 16′ Stillgedackt 16′ (Tr.I) Cello 8′ Octave 4′ (Tr.I) |
Spielhilfen
Als Registerschalter über Manual II, ganz links, von außen nach innen:
Pedal-Koppel II, Pedal-Koppel I, Ober-octav-Koppel II-I, Manual-Koppel II-I, Kalkant
Als Kollektivdrücker in der Vorsatzleiste unter Manual I, von links nach rechts:
P., F., T., A. (feste Kombinationen Piano, Forte, Tutti, Auslöser)
Über dem Pedal mittig: Aut. Pianoped. [zu Manual II] als Fußtritt aus Eisen
Daneben über dem Pedal: Schwelltritt für Jalousieschweller, ausgeführt als Balanciertritt.
Gebäude oder Kirchengeschichte
952 erste Erwähnung des Ortes in einer Schenkungsurkunde, vermutlich ist eine Kirche aus Missionszeiten als Holzbauwerk im Ort vorhanden.
13. Jahrhundert Bau einer Kirche aus Stein, der Turm war gleichzeitig ein Wehrturm dessen Untergeschoss heute noch erhalten ist. Im gleichen Zeitraum Bau der heutigen Taufkapelle auf der Nordseite.
1633 Brand der Kirche – danach Erneuerung und Wiederaufbau.
1655 erneuter Brand der Kirche mit anschließendem Wiederaufbau (heutige Gestaltung).
1655 Guss von vier neuen Glocken für die Kirche.
1767 Errichtung der Vorhalle (des heutigen Eingangsbereiches) der Kirche.
1928 Brand des Kirchenschiffs und Zertsörung bis auf die Grundmauern – bis 1930 Wiederaufbau.
1930 Einweihung der Kirche.
2. Weltkrieg Abgabe von drei Glocken, eine blieb zurück (heute Glocke 1 – Schlagton g‘, Gewicht 550 kg)
Ab 2001 diverse Sanierungs-und Restaurierungsarbeiten.
2019 Guss einer zweiten Glocke durch Hermann Schmitt (Brockscheid) – Schlagton b‘, Gewicht 411,6kg.
Die Kirche Oppin zeigt sich im typischen Stil der Kirchen im Saalkreis als rechteckiger Kirchsaal mit quer dazu angeschlossenem Westturm, der romanische Doppelarkaden und ein Satteldach besitzt. Im Norden angefügt ist die ehemalige Taufkapelle, deren Gewölbe mit Malereien aus der Zeit des Wiederaufbaus der Kirche verziert ist. Hohe Bogenfenster lassen Licht ins Innere fallen. Der helle, weiß getünchte Raum wird durch eine grau bemalte Holztonne überwölbt und ist äußerst schlicht gehalten. Nach dem Wiederaufbau ist hier ein wertvolles Zeugnis des Kirchbaus um 1930 entstanden, das typische Merkmale der Zeit z.B. im kantig-eckig gehaltenen Kanzelaltar zeigt. Der Kanzelkorb, verziert mit dem Spruch „Das Wort unseres Gottes bleibet ewiglich“ in Frakturschrift wird von zwei angedeuteten Säulen gerahmt und von einem Halbbogen samt flachem Abschluss nach oben bekrönt. Durch die weiß-karmesinrot-graue Farbgebung wird der reduzierte, kantige, kühle Eindruck noch verstärkt. Die Empore umläuft L-förmig den Raum, unterhalb der farblich abgesetzten Rechteckfelder ist ein die gesamte Länge durchlaufendes, ebenfalls karmesinrotes Schriftband in Fraktur sichtbar. Der Orgelprospekt ist in seiner schlichten, gedeckten Farbgebung und den rundbogigen Flachfeldern ein wirkungsvoller Gegenpart zum Altar und einer der wenigen farblichen Akzente im Raum. Von der einstmals prachtvollen Innenausstattung samt Herrschaftsloge, Doppelempore etc. ist nur noch ein Foto (entstanden 1922) erhalten. Ältestes Ausstattungsstück des Gotteshauses ist ein Holzstuhl, auf dem Martin Luther 1529 auf der Durchreise Platz genommen haben soll. Wie durch Wunder und Zeichen zugleich überstand er alle Wirren der Zeit und alle Brände. Nach der liebevollen Sanierung der Kirche ist ein wertvoller, schlichter und erhabener Gottesdienstraum entstanden.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter – ergänzt durch Informationen aus dem Buch H.-J.Falkenberg „Zwischen Romantik und Orgelbewegung – Die Rühlmanns“, Orgelbau-Fachverlag Rensch, ISBN 3-921848-19-9. sowie W. STüven – Orgel und Orgelbau im Halleschen Land vor 1800, Breitkopf&Härtel, Wiesbaden 1964
Kirchengeschichte: Webauftritt der Kirchengemeinde
Glockenvideo von Johannes Richter auf dem Youtube-Kanal JRorgel