Orgel: Heringen (Helme) / Auleben – St. Petrus und Paulus
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Die Johann-Andreas-Schulze-Orgel in Auleben ist eines der wenigen erhaltenen, größeren Instrumente ihres Erbauers. Durch die unmittelbare Nachbarschaft zu Heringen, wo Johann Andreas‘ Sohn Johann Friedrich eine Orgel baute, wäre hier der Fortschritt von Vater zu Sohn deutlich dokumentiert. Bemerkenswert ist vor allem das Glockenspiel im zweiten Manual und der hohe Anteil an original erhaltenem Pfeifenwerk. Für die umfassende Restaurierung der Orgel wird derzeit ein Spendenkonto eingerichtet, welches demnächst hier ebenfalls angegeben wird.
Gebäude oder Kirche
St. Peter und PaulKonfession
EvangelischOrt
Heringen (Helme)/AulebenPostleitzahl
99765Bundesland / Kanton
ThüringenLand
DeutschlandBildergalerie + Videos
Orgelgeschichte
9. März 1795 Vertragsschluss zwischen der Kirchengemeinde und Orgelbauer Johann Andreas Schulze (Milblitz) über den Bau einer zweimanualigen Schleifladenorgel mit 22 Stimmen + 1 Effektregister (Glockenspiel) für 1200 Thaler. Im Brustwerk wurde die hinterste Schleife für Vox Humana 8′ freigelassen – geplant also II/23+1 Effektregister. Bis 1797 sollte die Orgel vollendet sein und auf Kosten der Kirche in Milbitz abgeholt werden.
1798 Aufstellung der Orgel II/22+1 Effektregister in der Kirche hinter einem Rokoko-Prospekt im Ludwig-XVI-Stil. Die Orgel wurde im „gewöhnlichen Chorton“ (415 Hz) gestimmt, die größtem Pfeifen ragten durch die niedrige Decke auf der oberen Empore. Das Glockenspiel erhielt „zweyerley Hämmer“. Die im Kontrakt niedergeschriebenen Register Vox humana 8′ im Brustwerk und „Accord Glocken“ (Zimbelstern mit 4 Glocken c‘ e‘ g‘ c“) wurden nicht ausgeführt. Im Hauptwerk war noch Gemshorn 8′ vorgesehen, an dessen Stelle dann später die vermutlich gebaute Trompete 8′ trat.
1838 wird die Orgel durch Bauarbeiten in der Kirche verschmutzt, zudem ist die Belederung der Keilbälge schadhaft. Rohrflöte 4′ HW soll durch Hohlflöte 8′ ersetzt werden. Johann Friedrich Schulze (Paulinzella) offeriert eine Reparatur für 87 Thaler und führet diese aus – zudem wird im OW Quintatön 8′ gegen Gedackt 16′ ersetzt.
1855 wird wieder ein reparaturbedürftiger Zustand berichtet.
1856 Orgelreparatur durch Robert Knauf (Bleicherode) für 42 Thaler.
ab 1867 nach zwei Kostenvoranschlägen umfangreiche Orgelreparatur durch Julius Alexander Strobel (Bad Frankenhausen/Kyffh.): Veränderung des Prospektes durch Höherlegung des Oberwerkes, Veränderung der Traktur, Stimmtonänderung (Höherstimmung auf a’=444Hz), Verbesserung der Mechanik des Glockenspiels und Stimmung desselben, Einbau neuer Klaviaturen mit weißen Unter- und schwarzen Obertasten, Ersatz von Trompete 8′ HW gegen Quinte 2 2/3′ und Tausch von Posaune 16′ Ped. gegen Violon 8′.
Im Oberwerk baut Strobel eine Oktave 2′ ein und verlegt Gedackt 16′ nach hinten auf die Lade auf die Schleife der geplanten Vox humana 8′
1913 Dispositionsänderung und Wartung durch Julius Strobel&Söhne (Bad Frankenhausen): Einbau von Flöte 8′ (Holz, halbrunde Labien) im HW statt Quinte 2 2/3′ und Aeoline 8′ statt Flauto traverso 8′ im Oberwerk – II/23+1 Effektregister
1917 Abgabe der Prospektpfeifen aus Zinn zu Rüstungszwecken.
1920er Jahre Einbau von Zinkpfeifen in den Prospekt durch Strobel&Söhne (Bad Frankenhausen).
1954 wird starker Holzwurmbefall beschrieben.
1966 Gutachten von Wilhelm Rühle (Moritzburg), er beschreibt den schlechten Zustand des Pfeifenwerkes erneut.
um 1970 ist die Orgel nicht mehr spielbar – sie wird 2008 als seit mehreren Jahrzehnten (!) nicht mehr spielbar bezeichnet.
2008 Einhausung der Orgel wegen Bauarbeiten in der Kirche. Im Zuge dessen Abbau der Pfeifen von Pedal, Oberwerk und 8’/4′-Lage im HW sowie einzelner Elemente des Gehäuses.
2021 Auslagerung der restlichen Pfeifen und Abbau des Obergehäuses.
2025 Orgel ausgelagert und nicht spielbar. Für die musikalische Gestaltung der Gottesdienste wird eine im Altarraum rechtsseitig aufgestellte Elektro-Orgel von Heinz Ahlborn genutzt.
Disposition
Derzeitige Disposition gemäß Registerschildern
Manual I – Hauptwerk C – f“‘ (C# aus c#° umgehängt)Bordun 16 Fuß. S (Holz gedeckt) Principal 8 Fuß. Anm. 1, StS/S Gedact 8 Fuß. S (Holz gedeckt) Hohlflöte 8 Fuß. JFS statt Rohrflöte 4′ (C-c° aus Gedackt 8′ ab c#° offen, Schräglabien) Viola di Gamba 8 Fuß. St/StS (?) (C-H Zink offen mit Rollenbart Holz und Spitzlabien, ab c° mit Freins harmoniques, ab f#“ Metall) Salicional 8 Fuß. rote Schrift – Anm. 2 Octave 4 Fuß. S/StS (C-f° Zink mit Seitenbärten und Spitzlabien, ab f#° Metall mit Rundlabien ohne Bärte) Octave 2 Fuß. S/St (?) (C-f#° Zink offen, ag g° Metall offen) Mixtur 5Fach. S (Metall offen) Cimbel 3Fach. S (Metall offen, durchgehend 3fach ausgeführt, Stock zeigt unbesetzten 4. Chor)
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Manual II – Oberwerk C – f“‘ (C# aus c#° umgehängt)Liebl. Gedact 8 Fuß. S (C-c#“‘ Holz gedeckt, ab d“‘ Metall gedeckt mit Holzspund) Hohlflöte 8 Fuß. S/St (C-A Schulze, C-e° Holz gedeckt, ab f° offene Bauweise) Liebl. Gedact Fuß. Anm. 3 Salicional 8 Fuß. St/StS? (C-G Holz gedeckt, Forts. Holz offen, ab c° Zink offen) Octavbaß 8 Fuß. sic!, Anm. 4 Principal 4 Fuß. S/StS (C-a“ Prospekt Zink, Forts. innen, Metall) Nachhorn 4 Fuß. S, Anm. 5 Octave 2 Fuß. S (Metall offen, Rundlabien, stammt aus Tertian 2fach) Scharf 3 Fach. Anm. 6 Glockenspiel |
Pedal C – c‘Subbaß 16 Fuß. S (Holz gedeckt) Violon 16 Fuß. S (Holz offen) Octaven baß 8 Fuß. S (Holz offen) Violon 8 Fuß. St (Holz offen, statt Posaune 16′) |
Legende: S – Schulze 1795, JFS – J. F. Schulze 1838, St – Strobel 1867, StS – Strobel&Söhne 1913
Anm.1 – C-c‘ Prospekt Zink StS nach 1920, aufgesetzte Rundlabien und Seitenbärte, ab c#‘ innen, Schulze 1795 aus Orgelmetall,
Anm.2 – Schild mit roter Frakturschrift um 1913, ist aber tatsächlich Flöte 8′ von StS statt Quinte 2 2/3′ von St 1867
Anm. 3 – Schild mit weggekratzter Fußtonzahl, JFS, heute C-H aus Hohlflöte 8′, ab c° Metall gedeckt, ab g“ offen. Besteht aus Pfeifen des Lieblich Gedact 16′ von Johann Friedrich Schulze 1838
Anm. 4 – StS 1913, Registerschild lautet tatsächlich Octavbaß 8′, weist aber Spuren von Überklebungen auf. Pfeifenwerk C-H aus Liebl. Gedackt, ab c° Aeoline 8′ aus Zink
Anm. 5 – Schulze 1795, Bezeichnung laut Registerschild! C-h“ Holz gedeckt, ab c“‘ Metall gedeckt
Anm. 6 – Schulze 1795, Metall offen, 4fach geplant und vermutlich nur 3fach ausgeführt (?)
Disposition 1798 gemäß Orgelakte
Manual I – Hauptwerk C,D-f“‘Bordun 16′ (Tannenholz gedeckt) Principal 8′ Grobgedackt 8′ Viola da Gamba 8′ Octave 4′ Rohrflöte 4′ Sesquialter 2fach Mixtur 5fach 2′ Cimbel 3fach (1/2′ ausgeführt, 1′ geplant) Trompete 8′ (große Oktave Becher/Stiefel Holz) |
Manual II – Brustwerk C,D-f“‘Lieblich Gedackt 8′ Quintatön 8′ Hohlflöte 8′ Flaut traverse 8′ Principal 4′ Vogelflöte 4′ Tertian 2fach Scharf 4fach 1′ Vox humana 8′ (Schleife auf der Lade angelegt, nicht gebaut) Glockenspiel f‘-f“‘ (Schalenglocken aus Messing in drei Gruppen über dem Spieltisch)
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Pedal C-c‘Subbaß 16′ (Tannenholz gedeckt) Violon 16′ (Tannenholz offen) Principalbaß 8′ Posaunenbaß 16′ |
Spielhilfen
Nebenzüge heute gemäß Registerschildern
Rechts unten als Züge: Wind ablaß., Calcanten ruf.
Links unten als Züge: Manual Coppel., Pedal Coppel.
Nebenzüge 1798 gemäß Orgelakte
Pedalcoppel [I/Ped.], Manualcoppel [Registerzug, keine Schiebekoppel: „Coppel … welches während dem Spielen gezogen werden kann…“], Tremulant, Calcantenwecker
Gebäude oder Kirchengeschichte
13. Jahrhundert Errichtung einer ersten Kirche.
um 1500 wird die alte Kirche gotisch überformt, wovon unter Anderem zwei massive Strebepfeiler auf der Nordseite und ein vermauertes Spitzbogenportal Aufschluss geben.
1773 inschriftlich Baubeginn des Westturmes (Inschrift am Türrahmen)
1794 inschriftlich Vollendung des Kirchenschiffes. Die Ausstattung entstammt dieser Zeit.
1867 wird die Decke über der Orgel erhöht, sodass die größten Pfeifen nicht mehr durch die Kirchendecke ragen.
1904 Anfertigung der mechanischen Turmuhr durch A. Steckel (Sangerhausen)
1905 Stiftung des Taufsteins durch Freiherr und Freifrau von Schlotheim
1917 Abgabe zweier Glocken zu Rüstungszwecken
1918 Aufzug dreier neuer Glocken aus Eisenhartguss in einem separaten Glockenhaus unterhalb der Kirche, gegossen von Schilling&Lattermann aus Eisenhartguss, Nominalfolge f‘-a‘-c“
nach 1990 ist die Kirche immer mehr baufällig.
bis 2020 Restaurierung des Innenraumes.
2021-23 Fassadeninstandsetzung des Kirchenschiffes (Fenster, Türen, Mauerwerk etc.)
2025 die Kirche ist in sehr gutem Zustand und wird regelmäßig genutzt.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Johannes Richter
Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter, Sichtung vor Ort
Orgelgeschichte: J. Richter, Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus der Orgelakte KK Südharz
Kirchengeschichte: Sichtung vor Ort, ergänzt durch folgende Beiträge
– Beitrag zur Kirche Webauftritt Stiftung KiBa, abgerufen am 31. Mai 2025
– Müller, Thomas: Die Kirchen im Südharz. Mit Fotografien von Christoph Keil und anderen. Nordhäuser Geschichts- und Altertumsverein (Hrsg.), Atelier Veit Verlag, 2. Auflage, 2017, S. 16/17
Historisches Foto der Orgel: Gemeindearchiv, freundliche Bereitstellung H. Volkmann
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde Auleben!