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Orgel: Halle (Saale) / Südl. Innenstadt – Kapelle des Provinzialhauses der Grauen Schwestern von der Hl. Elisabeth

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Gebäude oder Kirche

Kapelle des Provinzialhauses der Grauen Schwestern von der Hl. Elisabeth

Konfession

Katholisch (seit 2021 profaniert)

Ort

Halle (Saale) / Südl. Innenstadt

Postleitzahl

06110

Bundesland / Kanton

Sachsen-Anhalt

Land

Deutschland

Bildergalerie + Videos



Bildrechte: Datenschutz

Orgelgeschichte

1922/23 Neubau einer pneumatischen Kegelladenorgel II/24 durch W. Rühlmann/Zörbig, Opus 405 – ob diese Orgel für die alte Kirche bestimmt war, ist nicht mehr zu ermitteln.
In der Werkliste wird der Standort als „St. Elisabeth (kath.) betitelt, die Propstei kann angesichts der geringen Größe des Werkes kaum gemeint sein. Der Raum wäre für 24 Stimmen angemessen, allerdings bleibt die Frage, wo diese untergebracht waren, denn die Höhe und Größe der Empore spricht gegen eine solche Orgel.
1980 Abbau des Werkes.
1982 Neubau einer mechanischen Schleifladenorgel mit freistehend seitlichem Spieltisch II/13 durch Orgelbau A. Schuster&Sohn/Zittau.
2021 Profanierung der Kirche, die Orgel sollte zuerst abgebaut werden, bleibt aber in der Kirche bestehen.

Die Orgel der Kapelle der Grauen Schwestern ist wohl eines der am wenig bekanntesten Instrumente in der Saalestadt, steht dabei aber ihrer „großen Schwester“ in der Propsteikirche
nur wenig nach und überzeugt durch einige durchdachte Lösungen und daraus resultierende Vielfarbigkeit und Flexibilität. Markant in der neobarocken Brüstung erhebt sich, kantig aus ihr emporsteigend, das Gehäuse der Brüstungsorgel, gebildet aus einem zentralen, spitzen Mittelturm und je zwei gestaffelt angefügten Pfeifenfeldern mit nach außen aufsteigenden Pfeifenmündungen. Durch den kantigen, sich nach unten verjüngenden Fuß und das dezent goldene Gitter-Schleierwerk in Verbindung mit der klaren Ausstrahlung der Prospektfront setzt das Werk einen Akzent in der Kirche, ohne stilfremd oder fremdartig-ungewöhnlich aufzufallen. Dieser Prospekt muss aufgrund seiner modernen Formen, die aufgrund der Staffelung und der Farbgestaltung aber harmonisch sich als Einheit in den Raum fügen, als eine der gelungensten Prospektschöpfungen in Halle angesehen werden! Weniger spektakulär ist dagegen das Gehäuse auf der Empore, es besteht aus schlicht weiß angestrichenem Gitterwerk, nimmt aber entfernt die Formen der Brüstungsorgel auf und wirkt dadurch nicht störend oder unbeholfen.
Der Spieltisch steht von unten gesehen rechts, frei auf der Empore. Er ist so positioniert, dass der Organist gleichzeitig einen Chor auf der Empore leiten und dabei mit einem Blick nach Links auch das liturgische Geschehen im Auge behalten könnte. Die Registerzüge befinden sich mit gedrechselten, schlichten Manubrien und schwarzen Kunststoffschildern auf der linken Seite. Die Koppeln sind nur als Fußtritte angelegt, aber intuitiv erreichbar.
Balg und Gebläse befinden sich über dem Gewölbe in einer separaten Kammer, die Windversorgung erfolgt über Flexrohre aus Metall. Diese führen aus der Decke zunächst in das Pedalwerk, welches in C- und Cis-Seite geteilt im rückwärtigen Gehäuse auf der Empore steht. Unter dem Emporenboden ist der Windkanal zur Brüstungsorgel verlegt. Vorne befinden sich, gleichfalls diatonisch geteilt, die Stimmen des ersten Manuales, dahinter die des Zweiten. Bemerkenswert ist die eingebaute Schwellwand (Jalousieschweller) zwischen den Manualwerken, sodass das zweite Manual trotz des begrenzten Platzes eine Schwellwirkung und damit größere dynamische Flexibilität erreichen kann – eine seltene und in Halle einmalige Vorrichtung! Alle Werke stehen auf mechanischen Schleifladen.
Die Disposition zeigt sich trotz des Schwellers deutlich von der (neo-)barocken Orgel inspiriert. Das erste Manual fungiert als „Hauptwerk“, auch durch die exponierte Lage. Eine tragfähig-hohle, im Bass etwas dunkle Rohrflöte mit deutlichem Spucken grundiert hier den Klang mit Noblesse und hoher Transparenz bis an die Grenze der Glasigkeit. Ein strahlend heller, sehr präsent-markanter Prinzipal 4′ gibt Helligkeit und Kraft, die durch die silbrige, kraftvolle, aber nicht aufdringliche Mixtur 4fach noch vervielfacht werden kann. Dazu gesellt sich noch eine leuchtende, hell-fröhliche, etwas spuckende Waldflöte 2′, die nur mit der Rohrflöte 8′ zusammen flirrend-charaktervolle Mischungen erzeugen kann, die den 4′ nicht vermissen lassen. Das zweite Manual hinter der Schwellwand gründet sich auf ein dunkel-weiches, warmes, etwas perlendes Gedackt 8′. Eine kullernd-helle, lauffreudige Rohrflöte 4′ gibt angenehme Helligkeit. Ein glitzernder, zuweilen etwas harter Prinzipal 2′ Kraft und Gewicht im Vergleich zum ersten Manual. Die Oktave 1′ ist nahezu gleißend hell, aber nicht zu kraftvoll und fungiert hier als kleine Klangkrone, eine lyrisch-klagende Sesquialtera lässt sich wahlweise als Solostimme oder als strahlender Cornett-Ersatz mit 8′,4′,2′ nutzen. Der Klang von Gedackt 8’+ Sesquialtera offenbart eine melancholische, sehnsuchtsvolle Schönheit. Ein Tremulant ist hier leider nicht vorhanden. Das Pedal ist zeittypisch mit einem etwas dumpfen, gut tragfähigen, aber nicht sonderlich präsenten Subbass 16′ und einem leicht streichenden, dafür recht obertonarmen Gemshorn 8′ sowie einem durchdringend-präsenten Oktavbass 4′ für Melodiestimmen besetzt. Als Grundierung des vollen Werkes oder als markant hervortretende Solostimme lässt sich das dezent schnarrende, knarrig-charaktervolle, recht nasale Fagott verwenden, welches im Plenum dem Pedal Präsenz und Zeichnungsfähigkeit gibt. Trotz der wenigen Stimmen ist der Klang farbig und vielfältig in den entsprechenden Grenzen, der Schweller ist recht wirkungsvoll und lässt damit begrenzt auch Romantik spielbar werden. Das Pedal ist im Raum nicht sehr präsent, eher etwas verschwommen durch seinen Standort – auf der Empore aber sehr kraftvoll. Trotz der wenigen Grundstimmen ist die Orgel im Raum nicht grell oder gleißend-scharf, sondern recht rund, edel, hell und transparent, ohne zu schreien angenehm kraftvoll. Die Spielbarkeit ist sehr angenehm, mit Manualkoppel wird die Traktur leicht teigig und etwas unbestimmt. Das Einhaken der Koppeln funktioniert intuitiv und sicher, eine Anlage als Registerzüge wäre dem Autor aber zweckmäßig erschienen – dies aber nur als persönliche Meinung. Trotz der beengten Aufstellung sprechen alle Pfeifen gut und frei an, der Klang entfaltet sich transparent und angenehm im Raum, lässt aber eine gewisse Kraft und Majestät nicht vermissen.
Das kleine Instrument in der Kapelle der Grauen Schwestern ist keine „graue Maus“, sondern ein durchaus ungewöhnliches und somit auch im wahrsten Wortsinne bemerkenswertes Instrument der Saalestadt Halle.

Disposition

Manual I – Hauptwerk C – g“‘

Rohrflöte 8′

Prinzipal 4′

Waldflöte 2′

Mixtur 4f. 1 1/3′

Manual II – Hinterwerk (Schwellwerk) C – g“‘

Gedackt 8′

Rohrflöte 4′

Prinzipal 2′

Sesquialter 2f. 2 2/3′

Oktave 1′

Pedal C – f‘

Subbaß 16′

Gemshorn 8′

Choralbaß 4′

Fagott 8′

 

Spielhilfen

Über dem Pedal mittig: Balanciertritt [für Jalousieschweller]
Mittig rechts über dem Pedal als Fußtritte zum Einhaken, von rechts: II-I, II-P, I-P

Gebäude oder Kirchengeschichte

1883 Ankauf eines Grundstückes für eine neue Kirche – dieses Vorhaben wurde noch nicht direkt umgesetzt.
1925/26 Neubau der heutigen Kirche im neobarocken Stil mit Doppelturmfassade nach Entwurf von Paul Fischer.
1991 Guss zweier Glocken durch Fa. Perner/Passau.
27. Mai 2021 letzter Gottesdienst vor Schließung des Standortes Halle.

Die Kapelle des Provinzialhauses der Grauen Schwestern ist nicht die erste Kirche auf Halleschem Boden, die profaniert wurde – sie steht in einer doch (leider) ansehnlichen Reihe aus Gebäuden, die aus verschiedensten Gründen entweiht wurden – St. Stephanus, Garnisonkirche Nietleben, Krankenhauskapelle – um hier nur einige zu nennen. Durch steten Rückgang der Ordensmitglieder und der Tatsache, dass einige der in Halle Ansässigen selbst Pflege bedurften, wurde die Kirche 2021 profaniert – die Grauen Schwestern verließen bis auf eine die Stadt.
Das Bauwerk zeigt sich als Teil eines weiträumigen Gebäudekomplexes im neobarocken Stil, der einst das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara bildete und heute durch den modernen Neubau abgelöst ist.
Die Kirche ist von außen durch eine markante Doppelturmfassade mit zwei welschen, schieferverblendeten Hauben mit Laterne gut zu erkennen. Der Kirchsaal liegt im ersten Stock des mehrstöckigen, rechteckigen Gebäudes. Die Geschosse unter den Zwiebeltürmchen sind quadratisch ausgeführt, das Dach durch viele Dachgauben durchstoßen. Ein über zwei Stockwerke reichender, halbrunder Vorbau zwischen den Türmen zeigt die Stelle der Apsis bzw. des Chorraumes an, in der Front ist außen eine Figur der Hl. Elisabeth angebracht. Die Fenster des gelb verputzten Bauwerkes sind als große Rundbogenfenster ausgeführt.
Das Innere des Kirchsaales überrascht mit einer süddeutsch-barock anmutenden Gestaltung, welche durch das Äußere zwar angedeutet, aber in jener edlen Pracht nicht im Entferntesten dargestellt wird. Der Kirchsaal selbst ist rechteckig mit angefügtem, halbrundem und fensterlosem Chorraum. Durch massive Säulen mit ionischen Kapitellen erhält das Innere einen dreischiffigen Eindruck. Die schmalen Seitengänge sind zwischen den Säulen mit quer zum Kirchenschiff liegenden Tonnengewölben überspannt. Das breite Hauptschiff besitzt eine flache Tonnendecke und ist in fünf Joche gegliedert, der Chor besitzt ein Tonnengewölbe, welches mit stuckierten Rosetten, goldenen Zierbändern und einer zentralen Strahlenglorie verziert ist. Links und rechts des Altarraumes sind in die Säulen oben zwei kleine Rundfenster eingelassen. Die Wände am und im Chorraum sind durch Pilaster mit ionischen Kapitellen gegliedert. Das gesamte Innere ist mit reicher, teilweise farbig bzw. gold gefasster und verzierter Stuckatur in feiner und edler Machart versehen und dadurch sehr prachtvoll verziert. Die Gewölbescheitel der durch breite Zierbänder mit Stuckatur gegliederten Joche sind mit stuckierten Deckenspiegeln versehen, an den Seiten der Joche finden sich pro Joch je zwei Heiligendarstellungen umgeben von floralem Zierwerk. Vor der Orgel ist eine vergitterte Öffnung in die Decke eingelassen. Im Chorraum sind drei Gemälde mit Marienszenen zu sehen. Altartisch, Tabernakel und Ambo zeigen moderne, geradlinige Formen aus hellem Stein. Links und rechts des Altarraumes über den kleinen Rundfenstern sind zwei Stuckreliefs mit Vergoldungen zu sehen, rechts ein Kreuz mit Strahlenkranz, darüber die Friedenstaube und links ein Kelch mit Hostie und dem darin eingelassenen Christusmonogramm, darüber eine vergoldete Taube. Die Orgelempore durchmisst die gesamte Breite des Kirchenschiffes und besitzt eine durchbrochene Balustrade, sie ruht auf mächtigen ionischen Säulen mit edler Stuckatur. Das Innere ist hell und weit, edel und prachtvoll. Der Betrachter fühlt sich erhoben aber nicht erschlagen durch die reichhaltige Ausstattung, welche durch ihre Güte und Qualität zu überzeugen weiß. Obgleich das „Ewige Licht“ erloschen ist, so wirkt die Kapelle doch hell, lebendig warm und ist durch ihre in Halle einmalige Gestaltung einer der bemerkenswertesten Kirchenräume der Stadt, der zugleich auch noch mit einer sehr guten Akustik gesegnet ist.

Anfahrt

Quellenangaben


Orgelbeitrag erstellt von:

Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter, eigene Sichtung vor Ort, ergänzt durch Informationen aus: Hans-Joachim Falkenberg – Zwischen Romantik und Orgelbewegung – die Rühlmanns. Orgelbau-Fachverlag Rensch, 1993, ISBN-13: ‎978-3921848197
Kirchengeschichte: Informationen aus: Peggy Grötschel, Matthias Behne – Die Kirchen der Stadt Halle – Mitteldeutscher Verlag, 1. Edition (2006), ISBN 978-3898123525

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