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Orgel: Gardelegen / Mieste – Dorfkirche

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Gebäude oder Kirche

Dorfkirche Mieste

Konfession

Evangelisch

Ort

Gardelegen / Mieste

Postleitzahl

39649

Bundesland / Kanton

Sachsen-Anhalt

Land

Deutschland

Bildergalerie + Videos



Bildrechte: Datenschutz

Orgelgeschichte

1905 Neubau der Orgel mit 19 Registern durch Wilhelm Rühlmann (Zörbig) als Opus 271 auf zwei Manualen und Pedal als vorderspieliges Werk mit pneumatischen Kegelladen hinter einem neoromanischen, teils klingenden Prospekt – veranschlagt waren 18 Register, auf eigene Kosten ergänzte Rühlmann ein 19. Register (Doppelgedackt 8′)
1955 Auftrag an die Firma Schuster das Werk technisch und klanglich zu modernisieren.
1959 Abschluss des Umbaus der Orgel, u.a. Bau eines neuen Spieltisches, Entfernung von Walze und Schweller, Ausbau des Schwellwerkes, Entfernung diversen Spielhilfen.
1960er Jahre Wasserschaden an Kirche und Orgel, die Spielbarkeit des Werkes nahm rapide ab.
1969 Schutz der Orgel durch ein neues Dach, aber spielbar war sie bereits nicht mehr.
1977 Kauf der Schönfeld-Orgel aus der aufgegebenen Nikolaikirche Gardelegen – Aufstellung im Altarraum.
1993 Planungen zur Rückführung der Orgel in den Originalzustand – Kostenpunkt mind. 85.000 DM.
1999 Zustimmung zum Kostenvoranschlag durch Jörg Dutschke (Dambeck) über 110.100 DM.
2000 Genehmigung des Projektes durch den Kirchenkreis, Kreiskirchenrat und Konsistorium der ehem. KPS.
2001 Genehmigung des Denkmalamtes für die Sanierung der Orgel in zwei Bauabschnitten (Manual I/P / Manual II).
2003 Beginn der Sanierungsarbeiten.
31.10.2003 erster Bauabschnitt beendet, die Orgel erklingt zum Reformationsfest erstmals wieder.
2005 Beginn des zweiten Bauabschnittes.
28.08.2005 Abschluss der Arbeiten pünktlich zum 100jährigen Geburtstag der Orgel – Einweihung des Instrumentes in einem Festgottesdienst.
2008 Verkauf der Schönfeld-Orgel (Interimsinstrument) nach Neuholland.

Die Rühlmann-Orgel in Mieste ist sicher eines der interessantesten und charakteristischsten Instrumente der Region, gleichwohl sie in der Intonation und Anlage mittlerweile ihre ursprüngliche Klangkultur nur noch erahnen lässt. Es ist dennoch ein wunderbarer Glücksfall, dass dieses Instrument, gleichwohl nur in der Disposition und nicht in der technischen Anlage mit seiner Vielfalt an Spielhilfen, restauriert und gut erhalten ist. Die Anlage im Inneren zeigt sich mit einem hinterständigen Pedal, darüber steht das Hauptwerk, quer dazu auf Sturz etwas erhöht das (Ober-) Werk, welches noch von den Fragmenten des Schwellkastens umgeben ist. Am Spieltisch hinten sind noch mittlerweile stillgelegte Ausgänge der ehemaligen Leitungen für die festen Kombinationen sichtbar, welche durch Schuster/Zittau entfernt wurden.
Die Anlage zeigt das typisch orchestral-weiche Klangbild der Spätromantik, welches zu Zeiten der Orgelbewegung oft genug kritisiert und umgebaut wurde. Eine reiche Palette aus Achtfußregistern ist in alle Richtungen aufgefächert (Principal, Streicher, Gedackt, Flöte, Schwebung) und ermöglicht die mannigfaltigsten Mischungen, Kombinationen und weiche, quasi stufenlose Crescendi in der Achtfußlage (welche heute durch das Fehlen der Walze in der Durchführung stark eingeschränkt sind). Bemerkenswert sind die weich-warme, perlende Hohlflöte im Hauptwerk, der ein eher dunkles, hohl-herbes Doppelgedackt zur Seite gestellt wird (dieses Register baute Rühlmann als Gratis-Zugabe!). Daneben stehen ein warmer, tragfähiger Principal, dessen Prospektpfeifen (wohl mit geänderten Aufschnitten!) original erhalten sind, sowie eine sanfte Gambe. Grundiert wird das Hauptwerk von einem massigen Bordun 16′ (ab G), nach oben hin aufgehellt durch eine spritzige Flauto harmonique 4′, eine helle, aber nicht harte Octave 4′ bis hin zur (Progressiv-) Mixtur 2-4fach, welche durch die 5 1/3′-Reihe die 16′-Lage nochmals betont und den Klang des vollen Hauptwerkes nicht nur golden nach oben abrundet, sondern auch nach unten erdet und warm-gravitätisch abschließt. Das zweite Manual, ehemals im Schweller, ist der Rühlmannschen Anlage typisch ebenfalls auf 16′-Basis, aber deutlich weniger massiv gehalten, sodass es durchaus zurückgenommen, aber nicht neben dem Hauptwerk stehend erscheint. Auch hier ist die orchestrale Anlage bis in die feinste Differenzierung ausgeführt – ein sanft-weicher Geigenprincipal wird ergänzt durch ein dunkles Gedeckt 8′, eine volle, tragfähige Traversflöte 8′ sowie eine äußerst feine, zarte Aeoline 8′ samt obligatorischer Vox coelestis 8′, welche himmlische, sphärische Streicherklänge ermöglicht und damit aber dem Spieler schmerzlichst bewusst macht, dass der Schweller des zweiten Manuales fehlt, der zur Darstellung der orchestralen Klangfarben eigentlich unerlässlich ist! Ein recht scharfes, helles Gemshorn 4′ hellt das Werk quasi als Ergänzung zum Geigenprincipal 8′ nach oben ab und schafft eine gelungene Ergänzung der Klangpalette und ein Gegengewicht zum Hauptwerk. Das Pedal mit seinen zwei 16′-Registern grundiert dabei kraftvoll den Klang, der durch zwei weitere Achtfußregister angereichert wird. Die Farbpalette erstreckt sich also über sämtliche Farben des spätromantischen „Orgelorchesters“ und lässt dahingehend wenig Wünsche offen.
Klanglich und technisch ist jedoch einiges verändert worden, was der Orgel trotz der romantischen Disposition Farbe und Authenzität raubt. Zwar sind die Principale im Prospekt allesamt original erhalten (welch Glücksfall!), doch wurde die Intonation einschneidend geändert. Rühlmann bzw. sein Intonateur Georg Eule intonierten insbesondere die tragenden, führenden Stimmen (Principal, Octave, Mixtur) auf offenem Wind mit offenen Fußlöchern und recht niedrigen Aufschnitten. Die Aufschnitte wurden später durch Schuster/Zittau einschneidend vergrößert, die Fußlöcher geschlossen, der Winddruck herabgesetzt, so dass die Principalstimmen sich nun eher sanft einfügen denn kraftvoll führen. Besonders spürt der kundige Spieler dies anhand von Octave 4′ und Mixtur: bei Rühlmanns originaler Intonation sind diese reine Forte-Stimmen, die Octave ist dabei sehr hell und recht scharf intoniert, sodass ein eigenständiger 2′ überflüssig wird, die Mixtur überstrahlt dies Ganze in goldener Weise. Nicht so hier: Octave 4′ hat eher Gemshorn-Charakter angenommen, die Mixtur hat fast flötigen Charakter denn principalische Strahlkraft. Principal 8′ taucht ohne besondere Klangkraft in den Labialchor ein – so klingt das Werk im Forte und darüber immer etwas matt und kraftlos, was angesichts der sonst von Rühlmann gewohnten Intonation sehr überrascht, und auch der Kirchenraum wird durch diesen zwar vollen und warmen, aber matten Klang nicht ausreichend gefüllt, da die Akustik recht trocken ist. So ist doch einiges der eigentlich vom Erbauer intendierten klanglichen Anlage mit deutlichen, aber differenzierten Abstufungen verloren gegangen, da die einzelnen Stimmen sich wohl klanglich, aber nicht rein dynamisch wirklich voneinander unterscheiden – auch die Streicher (bei Rühlmann vor allem im Hauptwerk recht scharf) sind hier deutlich zurückgenommen. Die Beraubung technischer Spezifitäten wie ausgerechnet der Superkoppel II/I, die noch etwas Glanz schaffen könnte (warum Schuster dies tat, bleibt wohl ein Rätsel), sowie der Walze und des Jalousieschwellers, ebenso der Kollektive (feste Kombinationen) lässt die Variabilität gegenüber anderen Rühlmann-Orgeln deutlich zurückstehen. Lediglich der etwas unästhetische Schuster-Spieltisch stört den rein äußerlichen Eindruck. Nichtsdestotrotz herrscht vor allem Freude über die Sanierung und Erhaltung dieses wichtigen und einmaligen Werkes als Beispiel einer hochromantischen Orgel in einer Dorfkirche. Freude über die Vielfalt, Freude über das Orchester welches vom Spieler dort dirigierbar ist!

Disposition

Manual I – Hauptwerk C-f“‘

Bordun 16′ (ab G)

Principal 8′ (C-Fis, Holz offen innen, G-f‘ Prospekt, Zinn, ab fis‘ innen, Zinn)

Hohlflöte 8′ (C-H gedeckt, Holz, ab c° offen)

Doppel-gedackt 8′

Gamba 8′

Octave 4′

Flauto harm. 4′

Mixtur 2-4fach 2 2/3’*

Manual II – Oberwerk C-f“‘

Lieblich Gedackt 16′ (ab G)

Geigen-principal 8′ (C-Gis gedeckt, Holz, A-c° offen, Holz, ab cis° offen, Zink)

Lieblich Gedackt 8′

Flauto traverso 8′ (ab c° offen)

Aeoline 8′ (C-Dis gedeckt, Holz, ab E offen)

Vox coelestis 8′ (ab c°)

Gemshorn 4′ (durchg. Zinn, konisch)

Pedal C-d‘

Violon 16′

Subbass 16′

Octav-bass 8′ (Holz, offen, teilw. neue Pfeifen)

Gedackt-bass 8′ (Holz, gedeckt)

Vacat (leerer Schalter)

*Mixtur 2-4fach: C 2 2/3’+2′, c° 4’+2 2/3’+2′, c‘ 5 1/3’+4’+2 2/3’+2′

Spielhilfen

Spielhilfen Stand 2021:

Als Registerschalter mittig über Manual II: Manual-koppel [II/I], Pedal-koppel z.I.M., Pedal-koppel z.II.M.
Über den Registerschaltern: Schalter für freie Kombination
Als Schalter ganz rechts: Handr. ab
Als Collectivdrücker unter Manual I in der Vorsatzleiste: Auslöser [rot], Kombination [fr. Komb. ein], Tutti

Spielhilfen bei Erbauung der Orgel 1905:

Als Registerschalter: Manualkoppel, Pedalkoppel z.I.M., Pedalkoppel z.II.M., Oberoctavkoppel II/I
Über den Registerschaltern: Schalter für freie Kombination
Als Registerschalter ganz rechts: Handreg. ab
Mittig zwischen den Registerschaltern: Anzeige (Uhr) für Rollschweller (Walze)
Als Collectivdrücker in der Vorsatzleiste unter Manual I: fr. Kombination an/ab, Auslöser, 5 feste Kombinationen p-mf-f-ff-tutti
Über dem Pedal mittig: Rollschweller [Walze], daneben Schwelltritt [Balanciertritt] für Jalousieschweller II

Gebäude oder Kirchengeschichte

1541 erste Erwähnung einer Kirche im Ort.
1771 Neubau der Kirche aufgrund des desolaten Zustands der Vorgängerkirche.
1808 Brand im Dorf – Kirche und Pfarrhaus brannten ab.
1810 Neubau der Kirche in Eichenfachwerkbauweise.
1812 Fertigung des Taufsteins.
1884 Anfügung des 34m hohen, leicht überdimensionierten Kirchturms in Bruchsteinbauweise mit Schiefer-Turmspitze.
1884 Aufzug dreier Glocken der Giesserei Ulrich (Laucha).
1905 Erneuerungsmaßnahmen am Bauwerk durch Einbau der neuen Orgel.
1917 Abgabe der Glocken.
1950 Einbau von Fenstern mit Bleiverglasung.
1952 – 1953 Restaurierung des Kanzelaltars nach historischen Bildern – Erneuerung der Ausmalung.
1956 Anschaffung und Weihe von vier Eisenhartgussglocken von Schilling&Lattermann (Apolda).
1957 Elektrifizierung zweier Glocken.
1961 Automatisierung der Läuteanlage.
1962 Einbau von Elektro-Heizkörpern.
1982 – 1983 Rückbau der Kirchenbänke auf der Ostseite und Neuausmalung im Inneren nach Farbvorschlägen vom kirchlichen Bauamt.
1985 Neudeckung des Kirchendaches.
2015 Fertigstellung der Restaurierung nach umfangreichen Restaurierungs- und Malerarbeiten auf Empfehlungen von Restaurator und Denkmalschutz.

Die evangelische Kirche Mieste liegt durch ihren hohen Turm gut sichtbar, von einer grünen Wiese umrahmt, im Zentrum des Dorfes unweit vom Bahnhof gelegen. Das Gotteshaus ist als gestreckter, rechteckiger Fachwerkbau aus Eiche erbaut, die Felder sind mit Ziegeln ausgemauert. Hohe Halbbogenfenster durchbrechen die Wände. Im Westen ist der 1884 erbaute, 34m hohe Turm als Sandsteinmauerwerk angeschlossen, der auf quadratischem Grundriss in neoromanischen Formen errichtet wurde und von einer schiefergedeckten Turmspitze nach oben hin abgeschlossen wird und dem Bauwerk damit ein himmelstrebendes Aussehen verleiht. Im Inneren zeigt sich der helle, weiß ausgemalte Kirchsaal in einer durch die umlaufende Empore geschaffenen, dreischiffigen Anlage. Die Empore umläuft U-förmig den Raum, besitzt dabei flache, durch Zierstreifen gegliederte Felder. Durch weite, flache und blaue Zierstreifen gegliederte Bögen wird eine galerieartige Wirkung erzielt, die das Vorhandensein der tragenden Säulen (mit angedeuteten dorischen Kapitellen) in eleganter Weise zu einem wellenförmigen Schwung verwandelt. Selbige Bögen ziehen sich um das gesamte Kirchenschiff herum. Das Hauptschiff, deutlich höher als die Seitenschiffe, wird dabei von einer in rot-brauner Farbfassung gehaltenen, abgestuften Tonne überspannt – die Seitenschiffe besitzen flache Decken. Auf der Nordseite des Altarraums findet sich die ehemalige Pfarrloge. Im Zentrum des Raums erhebt sich ein schlichter, hölzerner Kanzelaltar mit dreiseitigem Kanzelkorb, der von angedeuteten dorischen Säulen flankiert und nach oben hin mit dem Schalldeckel gerade abgeschlossen ist. Im mittigen, der Gemeinde genau zugewandten Flachfeld des Kanzelkorbes ist ein Kugelkreuz zu sehen. In den anderen Feldern stehen die Namen der vier Evangelisten, alles in goldener Schrift in schlichten Rechteckfeldern auf grau-blauem Grund. Die Zierwangen des Altars sind aus schlichtem Gitterwerk gefertigt und werden von zwei Zierkartuschen mit floralem Malelement durchbrochen. Davor erhebt sich ein schlichter Altartisch, dessen seitliche Begrenzungen ebenfalls aus Gitterwerk gefertigt sind. Das Innere zeigt sich heute in einer sehr bemerkenswerten Farbfassung, die dem Raum ein sehr warmes, aber nicht erdrückendes Gepräge verleiht – Empore, Kanzel, Pfarrloge und Zierwerk der Emporenbögen sind in blau gehalten, die Wände in weiß. Die Holztonne in ihrem rotbraun wird dabei in der Farbsprache durch den neoromanischen Orgelprospekt wieder aufgenommen und mit der Empore zu einem Ganzen verbunden. Am Gestühl findet sich die Farbe des „Himmels“ der Kirche (rotbraun) in Form von Zierleisten ebenso wie die des „Irdischen“ (Empore) und wird dadurch zu einem schlüssigen Ganzen verbunden.
Die Kirche in Mieste zeigt sich als ein feierlicher, bemerkenswert freundlicher Raum und lädt im Sommer den interessierten Besucher zur Besichtigung bei offenen Kirchentüren ein, was jedem Leser herzlichst empfohlen werden darf.

Anfahrt

Quellenangaben


Orgelbeitrag erstellt von:

Dateien Bilder Kirche und Orgel: Johannes Richter
Orgelgeschichte: Johannes Richter, ergänzt durch Informationen des Aushangs „Rühlmann-Orgel in Mieste“ in der Kirche
Kirchengeschichte: Faltblatt „Evang. Kirche Mieste“ aus der Kirche

Internetauftritt des Kirchspiel Mieste

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