Orgel: Beckenried – St. Heinrich und Andreas
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Gebäude oder Kirche
St. Heinrich und AndreasKonfession
KatholischOrt
BeckenriedPostleitzahl
6375Bundesland / Kanton
NidwaldenLand
SchweizBildergalerie + Videos
Orgelgeschichte
1820 laut einer Eintragung im Protokoll der Bürgergemeinde, soll die Kirche ihre erste Orgel erhalten haben. Näheres zu diesem Instrument und seinem Erbauer ist nicht bekannt. Wegen den kunsthistorischen Eigenarten wurde angenommen, es könnte sich um ein Projekt von Franz Josef Remigius Bossart handeln. Ein vorhandener Stich ist aber offensichtlich falsch beschrieben. Bei der darauf dargestellten Orgel handelt es sich mit grosser Wahrscheinlichkeit um die Bossart-Orgel in Buochs. Andere Quellen geben einen Orgelbauer Huser an, welcher 1826 eine neue Orgel erbaut haben soll – dies ist jedoch nicht belegbar.
1842 erste gesicherte Hinweise auf eine Orgel in der Pfarrkirche Beckenried. Aus den Prüfungsakten: Orgelbauer Silvester Walpen aus Luzern hat in der Pfarrkirche zu Beckenried ein neues Orgelwerk hergestellt, welches dem 31. August und 1. Herbstmonat 1842 vom hochw. Herr P. Leopold Nägelin von St. Urban und Herr J.B. Mollitor, Chordirektor und Organist in Luzern, genau und gewissenhaft geprüft und beurteilt worden ist. Obige zwei Experten haben sich in der am 2. Herbstmonat mitgeteilten Zuschrift dahin ausgesprochen, dass der Ton der Orgel in jeder Erwartung befriedigend sei, kräftig, sogar imponierend in Masse und verständlich in allen Einzelheiten. Die Disposition ist so ausgeführt, dass kein Orgelspieler in Verlegenheit kommen könnte, jeden Anlass mit zweckmässigen Spiele zu begleiten,
• der Principal, die Copel, die Viola da Gamba im Hauptwerk, die Flute Traverso und Dolcian unter den Flöten und der Cornett unter den Füllstimmen zu den gelungenen, ja ausgezeichneten gehören,
• das Pedal sehr kräftig, ohne Gepolter und schnellsprechend sei,
• dass die schöne, solide Bearbeitung der Pfeifen in Zinn und Holz einen Vorzug dieses Orgelbauers beurkunde, der noch dadurch gesteigert werde, weil er sanftere Stimmen vorzüglich zu charakterisieren verstehe
• dass endlich auch der mechanische Teil der Orgel fleissige Arbeit zeige und namentlich der Wind vollkommen, ja sogar der freventlichsten Behandlung entsprechen, und setzte noch bei, dass Herr Walpen nicht nur als tüchtigen Kunstkenner sondern auch als rechtschaffener redlicher Mann, der sein gegebenes Wort zu halten weiss und hält, alle nur mögliche Achtung und Empfehlung verdienet.
1869 Renovierung durch den Beckenrieder Orgelbauer Leopold Schefold.
Derzeitige Orgel
1913 röhrenpneumatische Taschenladenorgel (stehende und liegende Taschen), erbaut mit mittig freistehendem Spieltisch (Blickrichtung Empore) als Opus 404 von Orgelbau Goll & Cie (Luzern) II/29 + 3 Transmissionen. Die Expertise oblag Pater Franz Huber (Engelberg), Prospektentwurf Emil Ambauen (Beckenried).
Zinnpfeifen: 1412 / Zinkpfeifen: 215 / Holzpfeifen: 345 / Total der Pfeifen: 1972.
Die Weihe und „Collaudation“ erfolgte am Sonntag, 25. Mai 1913 mit Herrn J. Schefold, Musikdirektor in Rorschach, der des Öfteren in Beckenried seine Ferien verbracht haben soll. Hinweise darüber, ob er die Planung oder den Bau der Orgel mitbegleitet hat, finden sich keine.
1940 Renovierung des Werkes durch die Erbauerfirma und Stillegung des 5 1/3′ Chores der Hauptwerksmixtur durch Orgelbau Goll. Es wird ab c‘ ein 2′ Chor eingesetzt.
1976 – 1977 Renovierung der Orgel durch Orgelbau Goll. Zuvor wurde ein Orgelneubau und die Abtragung der ersten Empore überlegt.
2008 Restaurierung der original erhaltenen Orgel durch Orgelbau Walter Graf (Sursee). Die Beckenrieder Gollorgel zählt zu den schönsten romantischen Orgeln der Schweiz. Seit 2013 existiert eine erfolgreiche Konzertreihe, welche sich grosser Beliebtheit erfreut. Die Orgel wurde unter der Leitung des Orgelsachverständigen Rudolf Bruhin (Basel) restauriert und gehört zu den wichtigsten Denkmalorgeln einer Zeit deren Zeugen fast vollständig vernichtet worden sind. „Es sei eine dankbare Aufgabe, diese Orgel der Nachwelt und zum Lobe Gottes zu erhalten“ heisst es in einem weiteren Gutachten.
2025 wird die Orgel von Orgelbau Späth (Rüti/ZH) restauriert mit Ersatz sämtlicher Ledertaschen.
Disposition
I Hauptwerk C – g“‘Bourdon 16′ C – h‘ Holz, ab c“ Metall Principal 8′ Anm. 1 Bourdon 8′ C – h° Holz, ab c‘ Metall Flauto amabile 8′ C – h‘ Holz, ab c“ Metall Gamba 8′ C – f° Zink, ab fs° Metall Dolce 8′ C – H Zink, ab c° Metall Octav 4′ Anm. 2 Rohrflöte 4′ C – H Holz ged., ab c° Metall rohrged. Waldflöte 2′ Mixtur 2 2/3′ V – rep. c° Trompete 8′ Tr. aus SW
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II Schwellwerk C – g“‘Stillgedackt 16′ C – h‘ Holz, ab c“ Metall Geigen-Principal 8′ C – H Holz, ab c° – h° Zink, ab c‘ Metall Liebl. Gedackt 8′ C – h° Holz, ab c‘ Metall Quintatön 8′ C – H Zink, ab c° Metall ged. Flûte harmonique 8′ C – H Holz, c° – h° Zink, ab c‘ Metall, ab fs‘ überblasend Viola 8′ C – H Holz, ab c° Metall Aeoline 8′ C – H Zink, ab c° Metall Voix céleste 8′ ab c° Fugara 4′ C – H Zink, ab c° Metall Traversflöte 4′ C – H Zink, ab c° Metall, ab fs° überblasend Harmonia aetherea 2f. – ist 3f.! – rep. c° Trompete 8′ C – h° Zink, ab c‘ Metall konisch, ab g“‘ labial Euphonia 8′ C – h° Zink, ab c‘ Metall, ab g“‘ labial zylindrisch aufschlagend Tremolo
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Pedal C – f‘Principalbass 16′ Holz offen Violonbass 16′ Holz offen Subbass 16′ Holz ged. Echobass 16′ Tr. SW II aus Stillgedackt 16′ Cello 8′ C – f° Zink, ab fs° Metall Bassflöte 8′ Holz Aeolsbass 8′ Tr. SW aus Aeoline 8′ Posaune 16′ C – H Becher + Stiefel Holz, ab c° Zink und Metall |
Anm. 1 – Principal 8′ im Prospekt, D – B linke Seite Flachfeld rechts, H – c‘ Mittelteil linkes Feld
Anm. 2 – Octav 4′ im Prospekt, C – FS linke Seite linkes Feld, G – c° linke Seite Mittelfeld + 5 Blindpfeifen
Alle anderen Prospektpfeifen sind blind inkl. Mittelbogen und rechte Seite
Zusammensetzung Mixtur HW
C 2 2/3′ + 2′ + 1 3/5′ + 1 1/3′ + 1 1/7′
c° 4′ + 2 2/3′ + 2′ + 1 3/5′ + 1 1/7′
c‘ 4′ + 3 1/5′ + 2 2/3′ + 2 2/7′ + 2′
Zusammensetzung Harmonia aetherea
C 2 2/3′ + 2′
c° 4′ + 2 2/3′
gs“ 4′ + 2 2/3′ + 2′
Klangbeispiele der Beckenrieder Orgel:
Jan Ernst – Toccata Opus 29 von Joseph Callaerts
Paul Gerhardt (1867 – 1946) – Festvorspiel „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ Op.12 – Johannes A. Richter
Felix Mendelssohn-Bartholdy – Sonate Nummer 6 „Vater unser im Himmelreich“ – Aurore M.Baal
Spielhilfen
2 freie Combinationen (weiss/rot)
Linke Seite: Glocke (Calcant), Auslösung Euphonia 8′, Auslösung Trompete 8′ (SW), Auslösung Posaune 16′, Auslösung Trompete 8′ (HW)
Rechte Seite: Crescendo-Anzeiger 0 – 12
Oberoctav-Kopplung II (g““), Melodie-Kopplung I – II, Pedal-Kopplung II, Oberoctav-Kopplung II z. Ped. (f“), Pedal-Kopplung I, Unteroctav-Kopplung II – I (ab c°), Manual-Kopplung II – I, Oberoctav-Kopplung II – I (g““), General-Kopplung (schaltet alle Koppeln mit Octavkoppeln), Normal-Kopplung (schaltet II – I, I – P, II – P) als Registerwippen
Druckknöpfe unter erstem Manual: Auslösung der Pedal-Umschaltung, Freie Combination I, Zungenchor, Principalchor, Streicherchor, Flötenchor, Auslösung, P., MF. , F. , FF., Tutti, Freie Combination II
Fuß: Auslösung, P., MF. , F. , FF., Tutti als Tritte (schaltet Druckknöpfe unter erstem Manual), Echo (Schwelltritt II), Rollschweller (Walze)
Zusammensetzungen feste Kombinationen (additiv)
Zungenchor:
SW – Euphonia 8′ / Viola 8′ / Liebl. Gedackt 8′
PED – Violonbass 16′ / Subbass 16′
HW – Bourdon 8′ / Gamba 8′ / Trompete 8′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I
Principalchor:
SW – Fugara 4′ / Geigen-Principal 8′
PED – Principalbass 16′ / Subbass 16′
HW – Principal 8′ / Octav 4′ / Mixtur 2 2/3′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I / Manual-Kopplung II-I
Streicherchor:
SW – Aeoline 8′ / Viola 8′ / Liebl. Gedackt 8′
PED – Violonbass 16′ / Subbass 16′ / Aeolsbass 8′ / Cello 8′
HW – Bourdon 8′ / Gamba 8′ / Dolce 8′ / Octav 4′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I
Flötenchor:
SW – Flûte harmonique 8′ / Liebl. Gedackt 8′
PED – Subbass 16′
HW – Flauto amabile 8′ / Rohrflöte 4′
Pedal-Kopplung I
Piano:
SW – Flûte harmonique 8′ / Liebl. Gedackt 8′
PED – Echobass 16′ / Aeolsbass 8′
HW – Bourdon 8′ / Flauto amabile 8′ / Dolce 8′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I
Mezzoforte:
SW – Traversflöte 4′ / Viola 8′ / Flûte harmonique 8′ / Quintatön 8′ / Liebl. Gedackt 8′ / Geigen-Principal 8′
PED – Subbass 16′ / Bassflöte 8′
HW – Principal 8′ / Bourdon 8′ / Flauto amabile 8′ / Gamba 8′ / Rohrflöte 4′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I / Manual-Kopplung II-I
Forte:
SW – Fugara 4′ / Traversflöte 4′ / Viola 8′ / Flûte harmonique 8′ / Quintatön 8′ / Liebl. Gedackt 8′ / Geigen-Principal 8′ / Stillgedackt 16′
PED – Violonbass 16′ / Subbass 16′ / Bassflöte 8′ / Cello 8′
HW – Principal 8′ / Bourdon 8′ / Flauto amabile 8′ / Gamba 8′ / Rohrflöte 4′ / Octav 4′ / Mixtur 2 2/3′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I / Manual-Kopplung II-I
Fortissimo:
SW – Harmonia aetherea 2 f./ Fugara 4′ / Traversflöte 4′ / Euphonia 8′ / Viola 8′ / Flûte harmonique 8′ / Quintatön 8′ / Liebl. Gedackt 8′ / Geigen-Principal 8′ / Stillgedackt 16′
PED – Principalbass 16′ / Violonbass 16′ / Subbass 16′ / Bassflöte 8′ / Cello 8′
HW – Bourdon 16′ / Principal 8′ / Bourdon 8′ / Flauto amabile 8′ / Gamba 8′ / Rohrflöte 4′ / Octav 4′ / Mixtur 2 2/3′ / Waldflöte 2′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I / Manual-Kopplung II-I
Tutti:
SW – Harmonia aetherea 2 f./ Fugara 4′ / Traversflöte 4′ / Euphonia 8′ / Trompete 8′ / Aeoline 8′ / Viola 8′ / Flûte harmonique 8′ / Quintatön 8′ / Liebl. Gedackt 8′ / Geigen-Principal 8′ / Stillgedackt 16′
PED – Posaune 16′ / Principalbass 16′ / Violonbass 16′ / Subbass 16′ / Bassflöte 8′ / Cello 8′
HW – Bourdon 16′ / Principal 8′ / Bourdon 8′ / Flauto amabile 8′ / Gamba 8′ / Trompete 8′ / Rohrflöte 4′ / Octav 4′ / Mixtur 2 2/3′ / Waldflöte 2′
Pedal-Kopplung II / Pedal-Kopplung I / Unteroctav-Kopplung II-I / Manual-Kopplung II-I / Oberoctav-Kopplung II-I
Gebäude oder Kirchengeschichte
1323 wird erstmals eine Capella Sancti Henrici erwähnt – Beckenried gehört zu dieser Zeit zur Pfarrei Buochs.
1487 Errichtung einer ersten Pfründe.
1580 erhält die Kapelle nach Erlangung des Taufrechts einen Taufstein.
1598 Neubau einer kleinen Kirche im gotischen Stil – Einweihung am 15. Juli durch Weihbischof Balthasar.
1601 Beschädigung der Kirche durch ein starkes Erdbeben.
1604 Renovierung und erneute Weihe der Kirche am 4. Juli.
1631 Erhebung Beckenrieds zu einer eigenen Pfarrei.
1640 Instandsetzungsarbeiten am Kirchbau und Weihe eines Hochaltares und einer Glocke.
1672 Renovierung nach einem erneuten Erdbeben unter Baumeister Melchior Keyser.
1737 und 1798 Aufzug einer Glocke.
1738 und 1764 Arbeiten an der Kirche nach Unwettern.
1786 Abbruch der Kirche.
1796 – 1807 Bau der heutigen Pfarrkirche unter Architekt Niklaus Purtschert, die Einweihung verzögerte sich und fand im Jahr 1807 am 16. August statt. Der Hochaltar konnte bereits 1793 für die neue Kirche fertiggestellt werden, die Seitenaltäre folgten im Erbauungsjahr und sind Werke von Pietro Rusconi und Michele Canturio. Die Bilder der Altäre schuf Maler Xaver Hecht aus Luzern (das Gemälde des Hauptaltares ist nicht eindeutig zuzuordnen – es könnte auch von Hecht oder Franz Joseph Murer stammen). Die Fresken wurden von Joseph Keller (Pfronten-Kappel) erschaffen. Die Kanzel stammt wohl aus der Bauzeit. Balthasar Durrer schuf den Taufstein.
1866 – 1868 grössere Innenrenovation der Kirche. Die Altargemälde und das hintere Fresko werden von Melchior Paul Deschwanden überarbeitet.
1878 Anschaffung von vier Glocken der Gebrüder Grassmayr (Feldkirch).
1893 Glocke „Heilige Familie“ von der Giesserei Rüetschi (Aarau) als fünfte Glocke.
Ende 19. Jahrhundert neue Buntglasfenster.
1934 Aussenrenovierung und Ersatz der Sonnenuhr durch ein Fresko des Künstlers Wilhelm Mernsinger (Beckenried).
1975 – 1976 umfangreiche Innenrestaurierung unter Architekt Damian Widmer.
1976 Zelebrationsaltar.
2003 Aussenrenovierung und Abdeckung des 1934 enstandenen Fresko.
Anfahrt
Quellenangaben
Orgelbeitrag erstellt von: Andreas Schmidt
Dateien und Bilder Kirche und Orgel: Andreas Schmidt, Roman Hägler und Mike Wyss
Konzertreihe der Beckenrieder Orgelfreunde.
Kirchengeschichte: Auszug aus dem Kirchenführer vom Kunstverlag Josef Fink „Die Beckenrieder Sakrallandschaft“ Autor Hansjakob Achermann (2003) ISBN 978-3-89870-159-4
Orgelgeschichte: Andreas Schmidt – Pfarreiarchiv Beckenried Orgelakte, Leitung Orgelkonzertreihe Beckenrieder Orgelfreunde Andreas Schmidt
Orgel auf der Partnerseite Pipeorganpictures – Link
Glockenvideo von User JRorgel – Kanal
Orgelvideos: Andreas Schmidt Aufnahmen privat und Konzerte von Dr.Adam Pajan, Brita Schmidt-Essbach, Aurore Mercédès Baal und Jan Ernst
Beckenried war 13 Jahre lang der Wirkungsort der Organistin Brita Schmidt-Essbach. Leitung Konzertreihe seit 2013 Andreas Schmidt